Stichtag

19. November 1975 - Kinopremiere von "Einer flog über das Kuckucksnest"

Ken Kesey braucht Geld. Ende der 50er-Jahre studiert der spätere Schriftsteller und Aktionskünstler an der Stanford University im kalifornischen Palo Alto "Kreatives Schreiben" und ist knapp bei Kasse. Also hält er sich mit Studentenjobs über Wasser. Einer davon führt ihn als Aushilfe in die psychiatrische Abteilung eines Veteranenhospitals nach Menlo Park, wo die CIA bewusstseinsverändernde Drogen testet. Auch Elektroschocks und Eiswasserduschen sind an der Tagesordnung.

Seine Erfahrungen verarbeitet Kesey in seinem Roman "Einer flog über das Kuckucksnest" (1962), in dem die aufmüpfige Hauptfigur Randle Patrick McMurphy wegen Schlägerei, Trunkenheit und Notzucht zur Beobachtung in eine Nervenheilanstalt eingeliefert wird, sich mit dem von Oberschwester Mildred Ratched verkörperten totalitären Regime anlegt und die Insassen zur Rebellion anstachelt. Heute gilt "Einer flog über das Kuckucksnest" als einer der wichtigsten US-amerikanischen Romane des 20. Jahrhunderts.

Marlon Brando weigert sich

Keseys Parabel über Machtmissbrauch, stumpfsinnige Unterdrückung und grausame Intoleranz stößt in Hollywood schon früh auf Interesse. Schauspielstar Kirk Douglas kauft die Rechte an dem Buch noch vor seiner Drucklegung. Auf der Suche nach einem billigen Regisseur reist er Mitte der 60er-Jahre nach Prag, wo Miloš Forman mit geringem Budget beachtliche Filme wie "Der schwarze Peter" (1964) sowie den für den Auslands-Oscar nominierten "Die Liebe einer Blondine" (1965) gedreht hat. Douglas verspricht Forman, ihm das Buch zuzusenden, Forman verspricht, sich nach der Lektüre umgehend zu melden. Aber die kommunistische Zensur konfisziert das entsprechende Paket an der Grenze, ohne dem Regisseur oder dem Schauspieler Bescheid zu geben. Fortan sind beide sauer aufeinander.

Ein paar Jahre später will Kirk Douglas die Rechte an dem Buch verkaufen. Da beschließt sein Sohn Michael, das Projekt noch einmal anzustoßen. Er nimmt neuerlich Kontakt zu Forman auf, der inzwischen in New York lebt und mit "Der Feuerwehrball", einer Satire auf die Gesellschaftsverhältnisse in der damaligen Tschechoslowakei, eine weitere Nominierung für den Auslands-Oscar eingeheimst hat. Zwischenzeitlich soll Marlon Brando die Rolle McMurphys spielen, aber der weigert sich, auch nur das Drehbuch zu lesen. Für "Einer flog über das Kuckucksnest" ist dies ein Glücksfall. Denn so wird die Rolle schließlich mit Jack Nicholson besetzt, der die Figur zwischen schelmischem Genie und verzweifeltem Wahnsinn ansiedelt. Im Film ist Louise Flechter als Oberschwester Ratched Nicholsons kongeniale Gegenspielerin.

Der Direktor spielt sich selbst

Schwer ist es noch, für den Film eine geeignete Klinik zu finden, da er in Psychiaterkreisen eher unbeliebt ist. Schließlich erklärt sich Dean Brooks, Leiter einer staatlichen Klinik in Oregon, bereit. Im Film spielt er selbst den Direktor. Die Dreharbeiten versteht er als Therapie für seine Patienten, die auch tatsächlich als Beleuchter, Maskenbildner oder Komparsen helfen – wobei sich der Einsatz eines verurteilten Brandstifters als Elektriker zwischenzeitlich als nicht besonders glücklich erweist. Brooks' Rechnung geht trotzdem auf. Die Dreharbeiten tun seinen Patienten sichtlich gut. Dem Film selbst gibt der Drehort eine unschlagbare Authentizität.

Am 19.November 1975 kommt "Einer flog über das Kuckucksnest" in die US-Kinos. Von Anfang an steht das Publikum Schlange. Knapp vier Millionen Dollar hat der Film gekostet, und spielt über 130 Millionen Dollar ein. Fünf Oscars gewinnt die Produktion, darunter zwei für die besten Schauspieler und einen für die Regie. Für Miloš Forman bedeutet das in Hollywood den Durchbruch.

Stand: 19.11.2015

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