Stichtag

27. Oktober 1275 - Amsterdam erstmals urkundlich erwähnt

Das erste Mal taucht Amsterdam am 27. Oktober 1275 in einer Urkunde auf. Graf Floris von Holland gewährt darin dem damaligen Fischerdörfchen Zollfreiheit auf allen Wasserstraßen seines Besitzes. Jahre zuvor haben die ersten Siedler am Fluss Amstel einen Damm aufgeschoben: den Amsteldamm. Die Gegend ist zwar sumpfig, hat aber auch Vorteile: Die beiden Flüsse Amstel und Ij münden in die damalige Zuiderzee als Zugang zu den Weltmeeren. Das sind ideale Voraussetzungen für Fischfang und Handel.

Im 14. Jahrhundert steht Amsterdam im Frachtverkehr mit Hamburg, den Orten der Ostseeküste und mit den Handelsplätzen Flanderns. Vor allem zwei Güter haben für Amsterdam Bedeutung: "Hering war wichtig, Bier war auch wichtig", sagt Laura van Hasselt, Historikerin am Amsterdam-Museum. Die Stadt habe für die Region das alleinige Recht für den Handel mit Bier aus Hamburg gehabt. "Das hat Amsterdam sehr viel Geld gegeben."

Zar lernt Schiffsbau

Ihre Einnahmen investiert die aufstrebende Stadt in den Bau schneller und großer Schiffe. 1602 gründen die Amsterdamer die "Vereinigte Ostindische Companie", die zum weltweit agierenden Großunternehmen wird. Waren aus der ganzen Welt machen Amsterdam zum Kaufhaus Europas. Die Handels- und Handwerksmetropole zieht sogar Fürsten an: Der russische Zar Peter der Große sammelt in einer Werft Erfahrungen im Schiffsbau.

Den Aufschwung ermöglichen auch die vielen Einwanderer, die Arbeit suchen. Vor allem Deutsche fliehen im Dreißigjährigen Krieg zwischen 1618 und 1648 nach Amsterdam. Bereits vorher haben portugiesische Juden, die aus Antwerpen ausgewiesen wurden, die Diamantenschleiferei in die Stadt gebracht. Ihnen folgen nach der spanischen Besetzung Antwerpens auch brabantische Kaufleute nach Amsterdam. "Ohne alle diese Migranten wäre es nie möglich gewesen für so eine kleine Stadt, so wichtig zu werden", sagt Historikerin van Hasselt. Auch die liberale Haltung der Amsterdamer in Glaubensfragen habe dabei eine Rolle gespielt. Wichtiger als Religion sei ihnen das Funktionieren der Wirtschaft gewesen.

Franzosen unterbinden Welthandel

Im 17. Jahrhundert entwickelt sich Amsterdam zur führenden Handelsstadt im Norden Europas. Doch dann drängen Kriege gegen das aufstrebende England den Einfluss der Niederlande zurück. 1795 kommt es für die Amsterdamer noch schlimmer: Französische Truppen marschieren in die Stadt ein und schneiden sie vom Welthandel ab. Napoleon macht aus den Niederlanden ein Königreich und setzt seinen Bruder Louis auf den Thron. Die französische Besatzungszeit in den Niederlanden endet erst 1813 mit Napoleons Niederlage bei der Völkerschlacht in Leipzig. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts gewinnt Amsterdam durch die Eröffnung neuer Binnenwasserstraßen wieder an Bedeutung.

In der Folge versuchen die Niederlande, sich aus Konflikten herauszuhalten. Im Ersten Weltkrieg bleiben sie neutral, doch im Zweiten marschiert die deutsche Wehrmacht ein. Als die ersten Juden deportiert werden, streiken in Amsterdam Arbeiter und Angestellte. Es ist der einzige Streik gegen den Holocaust; und er wird von den Besatzern niedergeschlagen.

Liberaler Ruf bis heute

In den 1960er Jahren mischt die sogenannte Provo-Bewegung das Establishment auf. Die Aktivisten provozieren friedlich, aber schrill. Sie stellen in Amsterdam weiße Fahrräder auf die Straße, die kostenlos von jedermann benutzt werden können. Zudem fordern sie Räume, in denen Jugendliche machen können, was sie wollen. Ihr erstes Projekt in einer ehemaligen Kirche wird allerdings zu einem Drogenumschlagplatz.

Seinen liberalen Ruf hat sich Amsterdam bis heute bewahrt. Hier kann jeder zwischen Coffeeshops, Grachten und Bürgerhäusern weitgehend machen, was er will: sich verwirklichen oder sich runieren.

Stand: 27.10.2015

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