Wilford Woodruff, Mormonen-Präsident

Stichtag

24. September 1890 - Mormonen-Präsident Woodruff verbietet Vielehe

Er liebt Meri, Janelle, Robyn und Christine. Der US-Amerikaner Kody Brown hat vier Frauen - und eine eigene Fernsehshow. Darin breitet er seinen polygamen Familienalltag vor der Öffentlichkeit aus. 2014 klagt Brown sogar, weil er ein Verbot der Vielehe für verfassungswidrig hält. Er gehört einer kleinen, fundamentalistischen Sekte an, die sich von der Mormonen-Kirche gelöst hat. Die meisten der weltweit knapp 15 Millionen Mormonen sind hingegen Mitglieder der "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage" und führen schon lange keine Vielehen mehr.

Weshalb Religionsgründer Joseph Smith und andere Kirchenführer ab den 1830er Jahren in Vielehe gelebt haben, ist bis heute umstritten. In der Ur-Offenbarung der Mormonen ist von Polygamie nirgends die Rede. Am ehesten ist die Vielehe wohl darauf zurückzuführen, dass für Mormonen Kinderreichtum heilsrelevant ist. Allerdings praktizieren damals längst nicht alle Kirchenmitglieder die Polygamie. Diese Lebensform, die angeblich von Gott gewollt ist, beschränkt sich auf die Führungsschicht der Mormonen.

Als "unamerikanisch" verfolgt

Polygame Lebensentwürfe halten allerdings die meisten US-Amerikaner für "unamerikanisch". Sie reagieren mit Empörung, Hass und Gewalt. Aus Angst vor Verfolgung verlassen deshalb viele Mormonen in den späten 1840er Jahren ihren Heimatstaat New York und ziehen gegen Westen nach Utah - ein Gebiet, das damals noch kein Bundesstaat ist.

"Die Mormonen haben dann eine Zeit lang versucht, dort eine Art unabhängigen Staat aufzubauen, stellten aber im Laufe der Zeit fest, dass das unmöglich wäre, sodass sie versuchten, in die USA aufgenommen zu werden", sagt Historiker Michael Hochgeschwender. "Da war die Polygamie ein endloser Quell ständigen Streites zwischen Utah und den USA."

Kein Sex vor der Ehe

Schließlich lösen die Mormonen das Problem pragmatisch. Ihr Präsident Wilford Woodruff hat nach intensivem Gebet eine neue Offenbarung. Am 24. September 1890 erklärt er öffentlich, ein himmlischer Bote sei ihm erschienen. Es sei Gottes Wille, dass mormonische Männer in Zukunft nur noch eine Frau haben sollen.

Sechs Jahre später wird Utah der 45. Bundesstaat der USA. Noch heute sind über 60 Prozent der Bewohner des sogenannten Bienenkorbstaates mit der Hauptstadt Salt Lake City Mormonen. Bis auf eine winzige fundamentalistische Splittergruppe leben alle monogam. Der Bienenkorb, der im Staatswappen abgebildet ist, steht für Fleiß. "Mormonen sind fast schon besessen von ihrer Arbeit, sie leben sehr diszipliniert", sagt Historiker Hochgeschwender. Drogen, Alkohol und Kaffee seien verboten, Sex vor der Ehe ebenso.

Stand: 24.09.2015

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