Stichtag

28. August 1950 - Wilhelm Deffke stirbt in Woltersdorf

"Große Knappheit der Form, kraftvolle Schönheit und eigenartige Erfindung sind die zu erfüllenden Voraussetzungen für jede gute Handelsmarke." So beschreibt Grafikdesigner Wilhelm Deffke 1917 das ideale Logo. Nur so gestaltet werde es "sich dem Beschauer augenblicklich und unauslöschlich einprägen." Sein Stil hebt sich deutlich von jenem seiner Vorgänger ab: Im 19. Jahrhundert seien die Firmenbriefköpfe noch mit Abbildungen der Fabrik und ausschweifender Zierschrift versehen worden, sagt Christoph Janik von der Berliner Bröhan-Design-Foundation, die 2010 Deffkes Nachlass erworben hat. "Bei Deffke wird es eben konzentriert auf ein kleines Zeichen." Er sei der Erste gewesen, "der das in einem umfangreichen Sinn mit einer modernen Formgebung getan hat."

Geboren wird der Pionier des modernen Logos am 23. April 1887 in Elberfeld, heute ein Stadtteil von Wuppertal. Weil das Geld für das Gymnasium nicht reicht, macht der zeichnerisch talentierte Wilhelm eine Lehre als sogenannter Musterzeichner und Patroneur. Anschließend besucht er die Kunstgewerbeschule und macht eine Buchbinderlehre. 1909 wird Deffke in Neubabelsberg für ein gutes Jahr Mitarbeiter bei Peter Behrens, einem bekannten Architekten und Industriedesigner. "Behrens hat damals für die Allgemeine Elektrizitätsgesellschaft Berlin Schriften, Briefköpfe, Drucksachen, aber eben auch Gebäude und Objekte gestaltet", so Janik. "Deffke hat daran mitgearbeitet und dann natürlich gelernt, wie man so was macht."

Zeitung: "Name für Bedarfsfall merken"

In den 1910er Jahren betreibt Wilhelm Deffke zusammen mit dem Reklamefachmann Carl Ernst Hinkefuß in Berlin die erste moderne Werbeagentur Deutschlands: das "Wilhelmwerk - Pflegestätte Deutscher Werkkunst". Hinkefuß akquiriert die Aufträge, Deffke entwirft. Er wird als Gebrauchsgrafiker bekannt. Im Kunstgewerbemuseum in Stuttgart gibt es Anfang 1919 eine der ersten Ausstellungen mit seinen Logos. "Gewerbetreibende werden gut tun, diesen Namen für den Bedarfsfall sich zu merken", schreibt der Staats-Anzeiger für Württemberg. Im Stuttgarter Tagblatt ist von einer "großen, originellen Sammlung von Fabrikzeichen und Handelsmarken" die Rede.

Aber nicht alle sind begeistert. "Keiner der Entwürfe kann für uns infrage kommen", schreibt zum Beispiel die Hannoversche Waggonfabrik an Deffke. "Eine Anzahl Entwürfe scheidet überhaupt aus. Sie sind so übermodern, dass sie eher an kabbalistische Zeichen als an die Fabrikmarke einer ersten Weltfirma erinnern."

Direktor der Magdeburger Kunstgewerbeschule

Im Sommer 1919 gewinnt Deffke den Wettbewerb um die Gestaltung der Werbemittel für die Zigarettenfabrik Reemtsma in Erfurt. Das Wilhelmswerk wird aufgelöst. Deffke macht sich selbstständig und widmet sich fast nur noch der Entwicklung von Logos. 1925 wird er Direktor der Kunstgewerbeschule Magdeburg. Als die Nationalsozialisten 1933 die Macht übernehmen, wird Deffke zunächst beurlaubt und im Jahr darauf entlassen. Dennoch kann er weiterarbeiten: Ab 1937 gestaltet er das Corporate Design für Industriebetriebe.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ist Deffke ab 1946 in seiner alten Stellung in Magdeburg tätig. Zwei Jahre später entstehen seine letzten Plakate. Im März 1950 verleiht ihm Oberbürgermeister Ernst Reuter den Kunstpreis der Stadt Berlin für sein Lebenswerk. Ein knappes halbes Jahr später, am 28. August 1950, stirbt Wilhelm Deffke im Alter von 63 Jahren in Woltersdorf bei Berlin.

Stand: 28.08.2015

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