Statuen von Konrad Zuse und Konrad Duden, an Stiftsruine in Bad Hersfeld

Stichtag

7. Juli 1880 - Dudens "Orthographisches Wörterbuch" erscheint

Ein staubtrockener Sprachpedant ist der Vater der deutschen Rechtschreibung sicher nicht gewesen: Satte 50 Flaschen Wein kassiert Konrad Duden einmal, als es ihm in einer Wette gelingt, einen Satz mit sechs "die" in Folge zu bilden: "Die, die die, die die Dietriche erfunden haben, verdammen, tun Unrecht."

In seiner Schulzeit gilt der 1829 in Lackhausen bei Wesel geborene Konrad Duden allerdings noch nicht als Leuchte in Deutsch. Er könne in der Grammatik noch dazulernen, schreibt ein Lehrer dem Spross eines Gutsbesitzers und Branntweinbrenners ins Zeugnis. Leichter gesagt als getan für den kleinen Konrad, denn im Deutschland des 19. Jahrhunderts herrscht die reine Rechtschreib-Anarchie: Jeder schreibt, wie es ihm gerade passt. Insbesondere Preußen und Bayern kommen in der Orthographie kaum auf einen Nenner. 40 Jahre später zieht Konrad Duden gegen diesen Missstand zu Felde und schreibt das erste nach ihm benannte Rechtschreibwörterbuch der deutschen Sprache.

Schreiben, wie man spricht

Der junge Duden holt in Grammatik ordentlich auf, studiert in Bonn und promoviert 1854 in Philologie. Nach Jahren als Hauslehrer in Genua steigt er ab 1860 zum Gymnasialdirektor auf, zunächst im westfälischen Soest, dann im thüringischen Schleiz. 1876 übersiedelt Duden nach Hersfeld in Hessen. Auch am dortigen Gymnasium muss er feststellen: "Nicht zwei Lehrer derselben Schule und nicht zwei Korrekturen sind in allen Stücken über die Rechtschreibung einig." Selbst die im selben Jahr stattfindende erste "Orthographische Konferenz" findet keinen Weg zwischen der historisch orientierten und einer deutlich vereinfachten Schriftsprache.

"Eine Autorität, die man anrufen könnte, gibt es nicht", notiert Duden, der ein Freund klarer Worte ist und deshalb zu den überzeugten Modernisierern gehört. "Schreiben, wie man spricht" lautet seine Devise - frei nach Lessing. So macht Duden sich schließlich daran, die Unterschiede in den vorherrschenden Regeln anzugleichen, Überholtes auszumerzen und eine für das ganze Deutsche Reich einheitliche Schreibung zu entwickeln. 28.000 Begriffe trägt der Hersfelder Gymnasialdirektor zusammen, die er am 7. Juli 1880 als "Vollständiges Orthographisches Wörterbuch der deutschen Sprache" veröffentlicht.

Einheitliche Rechtschreibung seit 1901

Zum Preis von nur einer Mark – ein Brot kostet damals 25 Pfennige – findet der "Ur-Duden" schnell Verbreitung in Schulen und Bürgerhaushalten. Reichskanzler Otto von Bismarck allerdings verbietet den Beamten des Deutschen Reichs bei Androhung von Ordnungsstrafen, die neue Orthographie anzuwenden. Er verurteilt sie als "unnötige Einmischung in die persönliche Freiheit des Einzelnen", kann ihren Siegeszug aber nicht aufhalten. In den zwei Jahrzehnten nach der Erstveröffentlichung bringt Konrad Duden sechs erweiterte Neuauflagen heraus, die sechsstellige Verkaufszahlen erreichen.

Dank seiner Pionierarbeit einigt sich die zweite "Orthographische Konferenz" 1901 endlich auf eine einheitliche offizielle deutsche Rechtschreibung. Als Konrad Duden am 1. August 1911 mit 82 Jahren stirbt, liegt auf seinem Schreibtisch das nahezu fertige Manuskript für die neunte Auflage. Sie erscheint 1915 erstmals unter dem Titel "Duden - Rechtschreibung der deutschen Sprache und der Fremdwörter". Damit wird der Name des einst grammatikschwachen Schülers vom Niederrhein endgültig zum Synonym buchstäblicher Korrektheit: Schlag nach im Duden. Die Bad Hersfelder verewigen ihren einstigen Gymnasialdirektor 2005 in Bronze, direkt neben einem anderen berühmten Konrad der Stadt - dem Computer-Pionier Konrad Zuse.

Stand: 07.07.2015

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