Günter Netzer, Berti Vogts mit der Meisterschale

Stichtag

30. April 1970 - Borussia Mönchengladbach erstmals Deutscher Meister

Am 30. April 1970 um 21.50 Uhr läuten die Kirchenglocken von St. Elisabeth und St. Maria Rosenkranz in Mönchengladbach. Ungewöhnlich festliche Klänge für einen Donnerstagabend, aber dem Anlass durchaus angemessen: Im benachbarten Bökelbergstadion nimmt just in diesem Moment Kapitän Günter Netzer die Meisterschale aus den Händen des DFB-Präsidenten Hermann Gösmann in Empfang. Borussia Mönchengladbach hat zum ersten Mal die Deutsche Fußballmeisterschaft gewonnen - am vorletzten Spieltag der Saison 1969/70 im heimischen Bökelbergstadion.

Ins Glockengeläut stimmen die 32.000 Fans "So ein Tag, so wunderschön wie heute" an. In der Nacht zum 1. Mai ist ganz Mönchengladbach im Freudentaumel - mit Freibier der örtlichen Brauerei. "Die Leute sind verrückt geworden! Das war für Gladbach – man muss ja bedenken, Gladbach ist ein Dorf – das war einfach toll!", erinnert sich Torwart Wolfgang Kleff. Er ist mit seinen 23 Jahren damals einer der jüngsten in der Meistermannschaft neben bereits bekannten Größen wie Günter Netzer, Jupp Heynckes, Berti Vogts, Hacki Wimmer und Herbert Laumen.

Schwieriger Saisonauftakt

Dabei fängt die Saison alles andere als glorreich für die Elf vom Niederrhein an. Am ersten Spieltag kassieren die Gladbacher auf Schalke eine 0:2-Niederlage. Mit den verletzten Spielern Netzer und Wimmer fehlt der offensive Antrieb aus dem Mittelfeld. Doch gleich der zweite Spieltag lässt ahnen, dass mit den Borussen noch gerechnet werden kann: Sie setzen sich gegen den amtierenden Meister Bayern München am Bökelberg mit 2:1 durch. Es ist der erste Sieg der Niederrheiner gegen die Bayern, die acht Aufeinandertreffen zuvor hatten die Münchner alle für sich entschieden.

Mit der Rückkehr des Gespanns Netzer/Wimmer drehen die Fohlen, wie die Mönchengladbacher wegen ihrer jungen Spieler und ihrem wilden Sturm genannt werden, endgültig auf. Am 31.Oktober 1969 steht Borussia Mönchengladbach erstmals in der Vereinsgeschichte auf Platz eins - vier Jahre nach dem Aufstieg in die Fußball-Bundesliga. Zu verdanken haben die Niederrheiner ihren Erfolg vor allem dem Trainer. "Weisweiler hat mich gemacht, Weisweiler hat Mönchengladbach gemacht. Er ist hauptverantwortlich für die große Zeit der Gladbacher", sagt Netzer rückblickend.

Das Geheimnis: Hennes Weisweiler treibt seine jungen Spieler immer Richtung gegnerisches Tor. "Ich bin ein Freund des Offensiv-Fußballs!", so der Trainer, der lieber fünf zu vier als eins zu null gewinnt. Allerdings muss auch er einsehen, dass ein brillanter Sturm alleine nicht reicht. Gladbach gewinnt Herzen, Bayern München schon die ersten Titel. Zum Saisonbeginn 1969/70 holt Borussia schließlich zwei erfahrene Abwehrspieler - auch auf Wunsch von Spielmacher Netzer. Das zeigt Wirkung: Zum ersten Mal seit dem Aufstieg stellt Mönchengladbach am Saisonende nicht den besten Sturm gemessen an den Toren. Da sind sowohl die Münchner als auch die Kölner besser. Doch auch zum ersten Mal stellt die Weisweiler-Elf mit nur 29 Gegentoren die beste Abwehr. "Das ist die Fohlenelf, die erwachsen geworden ist", so ein WDR-Kommentator zum Gewinn der Meisterschaft.

Borussia macht Mönchengladbach weltweit bekannt

Die erste Meisterschaft ist nur der Anfang. Gladbach holt in den 70er Jahren insgesamt fünf Mal die Meisterschale, dazu den DFB-Pokal und zweimal den UEFA-Cup – und wird zu einem Topklub in Europa. "Wenn wir anfangs ins Ausland geflogen sind, wurden wir gefragt, wo kommt ihr denn her? Aus Mönchengladbach! Ah ja, Munich, Munich, weil da war Mönchengladbach kein Begriff, das ist es erst geworden!", sagt Kleff. "Wir haben ja in diesen Jahren quasi die Welt erobert", erinnert sich ein weiterer Star von damals, Rainer Bonhof, der heutige Vizepräsident des Vereins.

Damals schafft sich der Verein auch eine Fangemeinde, die noch immer zu den größten und treuesten in Deutschland zählt. Die Spiele sind auch heute oft ausverkauft, sportlich läuft es im Moment gut. Borusssia Mönchengladbach ist auf dem besten Weg in die Championsleague. Auch Wolfgang Kleff verpasst kein Heimspiel und er ist überzeugt: "In drei, vier Jahren besteht die Möglichkeit, wieder Deutscher Meister zu werden!" Und gewiss werden auch dann wieder die Kirchenglocken in Mönchengladbach läuten - wie zuletzt nach dem Sieg des DFB-Pokals 1995.

Stand: 30.04.2015

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