Griechische "Gastarbeiter"-Familie bei der Ankunft am Münchner Hauptbahnhof 1965

Stichtag

28. April 1965 - Ausländergesetz wird verkündet

Mit Zuwanderung hat die Bundesrepublik Deutschland von Anfang an zu tun. Seit ihrer Gründung 1949 wird das Ausländer- und Asylrecht immer wieder neu gestaltet. Nach dem Zweiten Weltkrieg geht es zunächst um den Umgang mit Vertriebenen und Flüchtlingen. Darauf reagiert der junge Staat mit verschiedenen Regelungen - unter anderem mit Vorschriften zur Einwanderung aus der DDR und zum Aufenthalt von KZ-Überlebenden sowie 1951 mit einer Ausländerpolizeiverfügung und 1953 mit einer Asylverordnung.

Zehn Jahre nach Kriegsende sollen dann sogenannte Gastarbeiter das westdeutsche Wirtschaftswunder auf Touren bringen. Die erste Vereinbarung über die Anwerbung von ausländischen Arbeitern schließt die Bundesrepublik 1955 mit Italien. Weitere Abkommen mit Spanien, Griechenland, der Türkei, Marokko, Tunesien und Jugoslawien folgen. Der rechtliche Rahmen dafür entsteht erst später: Das erste Ausländergesetz wird am 28. April 1965 im Bundesgesetzblatt verkündet. Es regelt die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern im Bundesgebiet. "Das ist ein Erlaubnisrecht mit Vorbehalt", sagt Wolfgang Barth, Leiter der Abteilung "Interkulturelle Öffnung" bei der Arbeiterwohlfahrt. "Je nach politischer Stimmung und je nach Arbeitsmarktsituation kann man den Vorbehalt größer oder kleiner machen."

14 Millionen "Gastarbeiter" angeworben

Anfang der 1970er Jahre verschlechtert sich mit dem Niedergang alter Industrien und der Ölkrise die wirtschaftliche Lage. Die Bundesregierung reagiert 1973 darauf mit einem Anwerbestopp. Bis dahin sind seit dem ersten Anwerbevertrag mit Italien insgesamt 14 Millionen ausländische Arbeitskräfte ins Land geholt worden. Elf Millionen davon kehren wieder in ihre Herkunftsländer zurück. Die Zuwanderung wird durch die Maßnahme zwar gebremst, aber nicht aufgehalten. Denn es gibt weiterhin Familiennachzug und Heiratsmigration.

Mit dem Familiennachzug offenbaren sich Defizite der Einwanderungspolitik: Es fehlen Kindergärten und Schulen, angemessener Wohnraum und medizinische Versorgung. Um die sozialen Belange der Migranten kümmern sich damals vorwiegend Kirchen, Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbände. 1978 reagiert die Politik auf die Situation: Die sozialliberale Bundesregierung richtet das Amt eines Ausländerbeauftragten ein. Im Jahr darauf fordert der erste Amtsinhaber, Heinz Kühn (SPD), in einer Denkschrift, dass an die Stelle der zeitlich begrenzten Anwerbung von "Gastarbeitern" ein Konzept dauerhafter Integration treten müsse.

2005 vom Aufenthaltsgesetz abgelöst

Das Kabinett von Kanzler Helmut Kohl (CDU) setzt 1983 mit dem "Gesetz zur Förderung der Rückkehrbereitschaft von Ausländern" jedoch ein anderes Zeichen. Für die Rückkehr in die Heimat bekommen arbeitslose Ausländer 10.500 Mark Prämie. Für jedes Kind gibt es 1.500 Mark. Sieben Jahre später vollzieht die schwarzgelbe Bundesregierung jedoch einen Wandel: Die im Frühjahr 1990 verabschiedete Neufassung des Ausländergesetzes enthält erstmals einen Rechtsanspruch auf Einbürgerung.

Ende 2004 hat das Ausländergesetz ausgedient. An seine Stelle tritt 2005 das sogenannte Aufenthaltsgesetz. Es gilt für Nicht-EU-Bürger und ist Teil des ebenfalls neuen Zuwanderungsgesetzes. Dieses Gesetzespaket beinhaltet zudem das EU-Freizügigkeitsgesetz, das für EU-Bürger gilt. Mit dem Zuwanderungsgesetz wird erstmals die Förderung der Integration als gesetzliche Aufgabe des Bundes verankert.

Stand: 28.04.2015

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