Viktor Janukowitsch, ukrainischer Politiker während einer Wahlkampfveranstaltung am 15.01.2010

Stichtag

17. Januar 2010 - Viktor Janukowitsch wird Präsident der Ukraine

Sein Weg nach oben ist lang: Viktor Janukowitsch wird 1950 als Kind einer Arbeiterfamilie im Donbass geboren, der Kohleregion um Donezk im Osten der Ukraine. Seine Mutter stirbt, als er zwei Jahre alt ist. Ende der 1960er Jahre arbeitet er als Gasinstallateur und besucht nebenbei ein Bergbau-Technikum, wo er 1973 einen Abschluss macht. In den 1990er Jahren geht Janukowitsch in die Politik und bringt es im Verwaltungsbezirk Donezk bis zum Gouverneur. 2002 wird er schließlich unter Präsident Leonid Kutschma zum Premierminister gekürt.

Schon damals gilt Janukowitsch als Marionette der Wirtschaftselite, der sogenannten Oligarchen. Im November 2004 tritt er bei den Präsidentschaftswahlen an - und gewinnt als Kandidat der Mächtigen gegen seinen Herausforderer Viktor Juschtschenko. Doch die Abstimmung ist so offensichtlich gefälscht worden, dass am Tag darauf 100.000 Menschen auf dem Maidan, dem zentralen Platz in Kiew, mit den orangefarbigen Fahnen der Opposition gegen den Betrug demonstrieren. Es ist der Beginn der sogenannten Orange Revolution.

Orange Revolution verändert das Land

Nach wochenlangen Massenprotesten wird die Wahl wiederholt, Oppositionsführer Juschtschenko gewinnt und wird Präsident. An seiner Seite sind mittlerweile auch ein paar Wirtschaftsführer, die Janukowitsch ihre Unterstützung entzogen haben. "Ein Teil der sogenannten Oligarchen hatte die Befürchtung, dass unter einem Janukowitsch eine Integration der Ukraine in den Donbass stattfinden würde", sagt Steffen Halling, Ukraine-Experte von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. "Dass das zuvor herrschende Gleichgewicht der einzelnen regionalen Gruppen sich halt zu sehr in Richtung der regionalen Eliten des Donbass verfestigen würde."

Die ukrainische Bevölkerung hofft nach dem Machtwechsel auf bessere Lebensverhältnisse, wird aber enttäuscht. "Diese Enttäuschung war vorhersehbar", sagt die ukrainische Autorin Oksana Sabuschko. "Kein Politiker hätte die Erwartungen dieser Revolution erfüllen können." Trotzdem habe die Orange Revolution das Land radikal verändert. "Das wichtigste Ergebnis ist, dass jetzt niemand mehr das Volk von den politischen Prozessen ausschließen kann."

Autokratie und Bereicherung

Die Ukrainer nutzen die neuen demokratischen Möglichkeiten und wählen die Politiker der Orangen Koalition später ab. Das bringt Janukowitsch wieder an die Macht: Am 17. Januar 2010 gewinnt er die Präsidentschaftswahlen, die Stichwahl drei Wochen später bestätigt das Ergebnis. Diesmal ist alles regelkonform abgelaufen. Kurz darauf reist Janukowitsch nach Brüssel, um die Annäherung an die Europäische Union voranzutreiben. Im Ausland gibt er sich als Reformer, doch in der Ukraine regiert er mit autokratischen Methoden. Die Presse wird gegängelt, die Justiz beeinflusst. "Janukowitsch hatte sich enorm bereichert, sich und sein nahes Umfeld", sagt Ukraine-Experte Halling.

Im November 2013 kommt es zu einer überraschenden Wende: Janukowitsch kündigt an, das Assoziierungsabkommen mit der EU nicht unterzeichnen zu wollen. Russland hatte die Annäherung der Ukraine an die EU torpediert und gedroht, Kredite zu kürzen und die Gaspreise anzuheben. Das Nein von Janukowitsch sorgt für Protest. Wie bei der Orangen Revolution demonstrieren Hunderttausende gegen die Regierung, der sogenannte Euromaidan entsteht. Im Februar 2014 eskaliert die Lage in Kiew, es gibt Tote. Janukowitsch wird abgesetzt und reist nach Russland aus. Danach spitzt sich die Krise in der Ukraine weiter zu: Die Krim wird von Russland annektiert, im Osten des Landes kommt es zum Krieg.

Stand: 17.01.2015

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