Kommentar zum Rücktritt im U-Ausschuss

Nadja Lüders' gravierender Fehler

Stand: 24.03.2015, 11:18 Uhr

Nadja Lüders hat einen schweren Fehler gemacht. Als Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses hätte sie klar sagen müssen, dass sie in ihrer Vergangenheit einen Rechtsextremisten arbeitsrechtlich vertreten hat. Ihr Rücktritt war unvermeidlich. Ein Kommentar.

Von Rainer Kellers

Nadja Lüders hatte keine Wahl. Sie musste als Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses zurücktreten. Wäre sie im Amt geblieben, hätte sie das Gremium beschädigt. Im Grunde stand das schon am vergangenen Freitag fest, als Lüders noch versucht hatte, mit ihrem Gang in die Öffentlichkeit das Schlimmste zu verhindern. Wie bei den meisten Politiker-Rücktritten der letzten Zeit war es dann nur eine Frage der Zeit, bis der Druck zu groß wurde. Lüders beklagt sich nun über beleidigende Kommentare im Internet. Doch so widerwärtig das allgegenwärtige Bashing im Netz auch ist - dass sie zurücktreten musste, ist Lüders selbst schuld. Und SPD-Fraktionschef Norbert Römer.

Kein Zweifel an Lüders' Darstellung

Rainer Kellers

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Nadja Lüders hat 1999 den Neonazi und späteren Polizistenmörder Michael Berger vor Gericht vertreten. Es ging dabei um einen arbeitsrechtlichen Fall, eine Kündigungsklage. Lüders sagt, sie habe damals nicht gewusst, dass Berger ein Rechtsextremist war. Der Fall habe auch gar nichts mit Rechtsextremismus zu tun gehabt. Sie sei eine junge Anwältin gewesen, Bergers Klage einer der ersten Fälle ihrer gerade erst eröffneten Kanzlei. Um es klar zu sagen: An dieser Darstellung gibt es keine Zweifel. Selbst wenn Lüders damals doch gewusst haben sollte, dass Berger Rechtsextremist war, wäre das noch kein Skandal. Auch Extremisten haben ein Recht darauf, von einem Anwalt vertreten zu werden. Lüders wäre selbst dann keine "Nazi-Anwältin", wie es diffamierend im Netz zu lesen war. Trotzdem hat sie einen gravierenden Fehler gemacht.

Gerade der NSU-Ausschuss muss über jeden Zweifel erhaben sein

Und zwar den, ihre Beziehung zu Berger geheim zu halten. Als die Fraktionen im November über die Besetzung des Untersuchungs-Ausschusses berieten und in der SPD die Wahl auf Lüders fiel, hätte die Dortmunderin ihren Kontakt zu Berger offenlegen müssen. Stattdessen hat sie nur die Fraktionsspitze eingeweiht, und mit ihr gemeinsam entschieden, öffentlich lieber nichts zu sagen. Ein Fehler, der mindestens von Naivität zeugt. Wie konnten Lüders und Römer auf den Gedanken kommen, diese Verbindung würde a) unentdeckt bleiben und b) nicht von Belang sein? Der Ausschuss hat die Aufgabe, die Hintergründe der NSU-Taten in NRW aufzuklären. In Dortmund hat der NSU mutmaßlich einen Menschen getötet. Dass ältere Fälle wie der von Berger abgeklopft werden würden, war klar. Es ist immerhin möglich, dass der Rechtsextremist in den 90er Jahren Kontakt zum NSU hatte. Da ist es in keiner Weise unerheblich, wenn die Vorsitzende des Ausschusses noch 1999 mit Berger in persönlicher Verbindung stand. Zumindest der Politik-Veteran Römer hätte diese Zusammenhänge erahnen müssen.

Lüders' Beteuerung, ihre Anwaltstätigkeit stehe in keinem Zusammenhang mit dem Untersuchungsauftrag ist schlicht falsch. Sie hätte ihre Tätigkeit für Berger transparent machen müssen. Es kann gut sein, dass sie dann nie Vorsitzende des Ausschusses geworden wäre. Und vermutlich ist das auch der Grund, warum sie und Römer nichts gesagt haben. Lüders sollte Vorsitzende werden, und dafür war Römer offenbar bereit, ihre frühere Verbindung zu einem Rechtsextremisten zu verschweigen. Nun ist der Schaden groß. Denn gerade beim NSU-Ausschuss darf auf keinen Fall auch nur der Verdacht aufkommen, es würde vertuscht und verschwiegen.

Für die SPD ist der Vorgang mehr als unangenehm. Es wird gar nicht so leicht sein, einen neuen Vorsitzenden zu finden. Und die Opposition beginnt bereits, bohrende Fragen an Römer zu stellen. Lüders' Rückzug ist auch eine Niederlage für den SPD-Fraktionschef.

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