Kundgebungen in NRW
Demos am Gedenktag bleiben friedlich
Stand: 10.11.2013, 11:30 Uhr
Hunderte Menschen haben in Nordrhein-Westfalen der Opfer der Pogromnacht vor 75 Jahren gedacht. In Essen und Duisburg gingen Bürger gegen Kundgebungen von rechten Gruppen auf die Straße. In Duisburg gab es kleine Rangeleien.
An vielen Orten in Nordrhein-Westfalen wurden am Samstag (09.11.2013) an den Beginn der organisierten Judenverfolgung durch die Nationalsozialisten vor 75 Jahren erinnert. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 waren auch im Rheinland und in Westfalen Synagogen niedergebrannt, jüdische Geschäfte zerstört und Juden verhaftet worden. Die Pogrome waren der Auftakt zur völligen Entrechtung und der Ermordung der Juden.
Juristischer Streit in Essen
Auf einer Mahn- und Gedenkkundgebung in Essen sprach am Samstagnachmittag NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD). In Essen-Borbeck protestierten etwa 150 Demonstranten gegen eine Kundgebung der NPD. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hatte die Demonstration der rechtsextremen NPD mit der Argumentation erlaubt, die Essener Polizei habe ihr Verbot nicht ausreichend begründet. Ein Widerspruch der Polizei gegen diese Entscheidung vor dem Oberverwaltungsgericht Münster blieb ohne Erfolg.
Da bis Veranstaltungsbeginn kein Urteil des OVG Münster einging, musste ein Großaufgebot der Polizei die Kundgebung der rund 40 NPD-Anhänger in Bahnhofsnähe bewachen. Justizminister Kutschaty rief die Teilnehmer der Gegendemonstration auf, geistigen Brandstiftern und dumpfen Parolen entschlossen entgegenzutreten. "Dass 75 Jahre nach den Novemberpogromen Faschisten aufmarschieren, ist so unerträglich wie beschämend", sagte er. "Es wird Zeit für ein NPD-Verbot."
Gewalt bei Pro-NRW-Demo
Die rechte Splitterpartei Pro NRW durfte in Duisburg auf die Straße gehen. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe habe nach einem Eilantrag von Pro NRW am Freitagabend zwei Demonstrationen erlaubt, teilte ein Sprecher der Polizei in Duisburg auf Anfrage mit. Zuvor hatte das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht in Münster die Entscheidung der Duisburger Polizeipräsidentin Elke Bartels zum Verbot der Demonstrationen bestätigt. In Duisburg zogen rund 70 Teilnehmer von Pro NRW mit Polizeibegleitung durch den Stadtteil Neumühl und später weiter zu einer Kundgebung vor einem von Rumänen bewohnten Wohnhaus in Rheinhausen. Linke Gegendemonstranten versuchten laut Polizei mit Gewalt die Polizeiabsperrungen zu durchbrechen. Die Polizei setzte Pfefferspray ein, eine Person wurde vorläufig festgenommen. Insgesamt demonstrierten 350 Bürger gegen die Pro-NRW-Veranstaltung.
Gedenken im Landtag
In der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 brannten deutschlandweit Synagogen und jüdische Geschäfte. Wohnungen wurden verwüstet und jüdische Bürger misshandelt. Nach Schätzungen von Historikern starben mehr als 1.300 Menschen während und infolge der Gewalt. Die zentrale Gedenkveranstaltung des Landes ist am Sonntag im Düsseldorfer Landtag. Dort wird auch Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) sprechen.
Grabschändungen im Siegerland
Im Siegerland schändeten Unbekannte in der Nacht auf Samstag jüdische Friedhöfe in Siegen sowie in Bad Berleburg. An beiden Ruhestätten wurden nach Polizeiangaben Transparente mit antisemitischen Aufschriften sowie einem Davidstern angebracht. An einer Stehle auf dem jüdischen Friedhof in Bad Berleburg wurden laut Mitteilung der Polizei weitere Schmierereien vorgenommen. Der Staatsschutz ermittelt.