
China vor Anker – Hafengeschäft erlauben?
Nur die Beteiligung an einem Terminal – oder Einkauf in kritische Infrastruktur Deutschlands: Die Einschätzung ist bestimmt von der Erfahrung der Abhängigkeit von Russland – und dem Eingeständnis, dass ohne China nicht viel läuft. Würden Sie zustimmen? Diskutieren Sie mit im WDR 5 Tagesgespräch!
Mehr Lieferungen, schnellere Abwicklung, dafür jedoch größere Abhängigkeiten: Die Beratungen darüber, Teile eines Hamburger Hafenterminals in die Hände der chinesischen Reederei Cosco zu geben, führen zu Diskussionen. Denn es geht um sogenannte kritische Infrastruktur. Das bedeutet: Bevor sich ein ausländischer Investor beteiligen darf, muss die Politik das Vorhaben prüfen und ihre Bedenken innerhalb weniger Monate öffentlich machen; das schreibt das Außenwirtschaftsgesetz vor. Die Frist für ein Ja oder Nein läuft in dieser Woche ab, eine klare Positionierung des Bundeskanzlers steht derzeit noch aus. Die Zeichen stehen auf Fristverlängerung.
Die Einschätzung der Ministerien ist aber schon da: Neben dem Wirtschaftsressort haben sich auch die Ministerien des Innern, für Verteidigung, für Verkehr und Finanzen sowie das Auswärtige Amt gegen den Einstieg positioniert, berichteten NDR und wir beim WDR. Das Bundeskanzleramt könnte das Geschäft stoppen, macht es aber nicht. Für die Koalitionspartner FDP und Grüne wäre ein Abschluss das völlig falsche Signal gegenüber China.
Die Präsidenten der Geheimdienste von Bundesnachrichtendienst, Verfassungsschutz und des militärischen Abschirmdienstes warnen vor der Beteiligung Chinas an einem der wichtigsten Häfen Europas: Man dürfe nicht dieselben Fehler machen, die im Umgang mit Russland passiert seien. Die Befürchtung ist da, dass der chinesische Staat auf das politische Geschehen in Deutschland Einfluss haben könnte. Quer durch alle Parteien gibt es Kritik daran, China am Hamburger Hafen zu beteiligen. Auch steht der Vorwurf im Raum, dass Olaf Scholz (SPD) als ehemaliger erster Bürgermeister die Interessen der Hansestadt durchdrücken wolle. Denn schon damals war der heutige Kanzler offen für chinesische Investitionen.
Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch, dass Deutschland wie kein anderes Land der EU vom Handel mit China profitiert. Als Absatzmarkt, als Produktionsstandort und als Importeur wichtiger Rohstoffe. Unser aktueller Wohlstand beruht erheblich auf diesem Handel.
Was halten Sie von der geplanten Beteiligung am Terminal? Öffnet uns dieses Geschäft die Augen für die Abhängigkeit von China? Überziehen die Kritiker mit ihrer Ablehnung angesichts des Bruchs mit Russland? Wird es Zeit, unabhängiger von China zu werden? Erwarten Sie vom Kanzler ein Ja oder Nein zu dem Geschäft? Sollten die Koalitionspartner der SPD noch vehementer gegen die Pläne Stellung beziehen?
Rufen Sie uns während der Sendung an (WDR 5 Hotline 0800 5678 555).
Gast: Dr. Tim Rühlig, Deutsche Gesellschaft für auswärtige Politik
Redaktion: Willi Schlichting und Heiko Hillebrand