Neuer Abschnitt

Die SPD und die Führungsrolle
Stand: 24.01.2023, 16:20 Uhr
Die SPD gibt sich neue Leitlinien und sieht Deutschland in einer politischen und militärischen Führungsrolle in Europa. Was heißt das für die Friedenspolitik? An dieser Frage wird sich entscheiden, ob die SPD-Basis da auch mitgeht, meint Peter Zudeick.
Von Peter Zudeick
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Bei dieser Forderung wird so mancher Sozi schwer geschluckt haben: Deutschland soll politisch und militärisch eine Führungsrolle übernehmen, und zwar nicht nur in Europa, sondern in der Welt. Neu ist das zwar nicht: Der Bundeskanzler, die vormalige Verteidigungsministerin und andere haben derlei schon immer mal formuliert. Aber nun ist diese Forderung in ein Konzept der Parteiführung eingeflossen – das ist eine andere Qualität.
Neuer Kurs in der SPD
Freilich: Ganz so schlimm, wie an der SPD-Basis gelegentlich befürchtet wurde, ist es nicht gekommen. Der Begriff "Führungsmacht", mit dem Parteichef Klingbeil in zwei Grundsatzreden jongliert hatte, kommt nicht mehr vor. Rolle statt Macht, das könnte manchen Kritiker besänftigen. Und dem Vorwurf des "militärischen Tunnelblicks" versucht die Parteiführung zu begegnen mit der Formulierung, dass militärische Stärke Teil einer "wirkungsvollen Friedenspolitik" sein müsse – neben Diplomatie und engagierter Entwicklungspolitik.
Wenig Kritik dürfte es in der Partei an der Abrechnung mit der sozialdemokratischen Russlandpolitik der vergangenen Jahrzehnte geben. Dass Frieden in Europa nicht gegen, sondern nur mit Russland möglich sei, wie noch das Wahlprogramm 2021 formulierte, ist wohl auch Traditionssozialdemokraten nicht mehr vermittelbar. Die Sicherheit Europas vor Russland muss organisiert werden, das ist jetzt die Leitlinie, und die gilt, so wörtlich, "solange sich in Russland nichts fundamental ändert". Also mindestens solange Putin regiert.
Was folgt nun konkret?
Damit ist allerdings noch nicht erklärt, was denn mit Führung gemeint ist. Einer sagt, wo’s lang geht, und die anderen folgen? Wer soll das wollen? Vor allem: Wer soll folgen? Die Antwort des SPD-Konzepts: Kooperativ führen, auf internationaler Ebene "mehr Initiative" zeigen. Da wird niemand widersprechen. Aber an der Frage, ob damit friedenspolitische oder militärische Initiativen gemeint sind, wird sich entscheiden, ob die SPD-Basis diese innerparteiliche Zeitenwende ohne großes Aufbegehren nachvollzieht.
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Redaktion: Consuelo Squillante