Neuer Abschnitt
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Auf der einen Seite die großen Zukunftspläne für künstliche Intelligenz, auf der anderen Seite das digitale Versagen. Das ist Deutschland. Auf der einen Seite das Land der Ingenieur*innen und Maschinenbauer*innen, auf der anderen das der Menschen, die sogar noch damit kokettieren, wie analog sie doch sind. Dass sie ja noch Zeitung lesen. Man muss ja nicht jede Mode mitmachen. Und überhaupt, dieses Internet - ist das wirklich ein Fortschritt?
Epochale Wende ignoriert
Deutschland hat vor allem ein kulturelles Problem mit der Digitalisierung - die einen so gewaltigen Umbruch darstellt wie die Industrialisierung und der Buchdruck. Die aber so behandelt wird, als gäbe es eine Stopptaste. Und während sie längst geschieht, seit Jahrzehnten, verpasst Deutschland die Möglichkeit, sie zu gestalten. Und verliert den Anschluss.
Es ist leicht, jetzt zu fordern, erst einmal die Hausaufgaben zu machen. Aber die Grundlage dafür ist gar nicht vorhanden. Beispiel: die Schulen. Es seien doch sechs Monate Zeit gewesen, höre ich, in denen wir wussten, dass die Corona-Pandemie in eine zweite Welle gehen wird. Das sei doch genug Zeit, Computer, Webcams und Mikrofone zu kaufen.
Digitalverweigerer brauchen anderen Mindset
Das mag sein – aber damit ist die Frage nicht beantwortet, wie digitaler Unterricht dann aussehen soll. Vermutlich anders, als dass Lehrerinnen und Lehrer sich einfach vor der Tafel abfilmen. Also brauchen wir Konzepte und Werkzeuge dafür, aber auch Lehrer*innen, die sich im digitalen Raum mit dem Selbstverständnis bewegen, das sie auch vor der Klasse zeigen. Und das auf die Beine zu stellen, dauert nicht nur länger als sechs Monate. Es verlangt auch ein völlig anderes Mindset - und das muss auch bei Lehrerinnen und Lehrern durchzusetzen sein, die im Jahr 2020 noch immer zu den Digitalverweigerern gehören.
Länder wie Dänemark, Schweden oder Estland haben keine Probleme damit, von jetzt auf gleich auf digital umzuschalten. Und zwar deshalb, weil Unterricht dort auch vorher oft digital war – und das wiederum liegt daran, dass diese Länder der Digitalisierung offener begegnen.
Wir alle müssen unsere Hausaufgaben machen
Die Schulen sind nur ein Beispiel. Ähnlich sieht es in Unternehmen, Kirchen, Vereinen und an vielen anderen Stellen aus: Digitalisierung – das ist zu oft die Diskussion darüber, wo es an der Technik hapert, und zu selten darüber, dass wir Deutschen uns im digitalen Raum besser auskennen müssten. Das ist die eigentliche Hausaufgabe.
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Redaktion: Isabel Reth
Stand: 17.12.2020, 16:39