
Was bedeutet Ihnen Erich Fromm für die heutige Zeit?
Der Sozialpsychologe und Philosoph Erich Fromm ist ein Klassiker der gesellschaftskritischen Theorie. Seine Werke waren Bestseller, insbesondere "Die Kunst des Liebens". Im Moment erlebt Fromm in vielen Teilen der Welt eine große Renaissance. Was hat er uns heute zu sagen?
Erich Fromm, 1900-1980, war Psychoanalytiker, Sozialpsychologe und Philosoph. Berühmt wurde er vor allem für die beiden Werke "Die Kunst des Liebens" (1956) und "Haben oder Sein" (1976). Fromm war einer der bedeutendsten Humanisten des 20. Jahrhunderts, seine Thesen wurden nicht bloß in Fachkreisen, sondern weit in die Gesellschaft hinein diskutiert.
In seiner Forschung war Fromm von der Freudschen Psychoanalyse inspiriert, entwickelte diese aber in einigen Aspekten weiter. Ein zentraler Punkt war dabei die Erkenntnis, dass nicht nur Triebe die Psyche und das Zusammenleben von Menschen prägen, sondern vielmehr vor allem Beziehungen eine entscheidende Bedeutung dafür haben, wer wir sind und wie wir uns miteinander positionieren. Diesen Ansatz verknüpfte Fromm mit soziologischen und philosophischen Fragestellungen.
Was macht den durchschlagenden Erfolg von Fromm aus? Er etablierte die Liebe als Thema auch der Wissenschaft. Und er beschrieb die Liebe als eine ur-menschliche Möglichkeit, die im Menschen angelegt ist sich entfalten will, zugleich aber eine Umwelt braucht, die ihr Potential befördert, nicht behindert, so der Psychoanalytiker und Fromm-Nachlassverwalter Rainer Funk. Ist das der Fall, ist ein gutes Leben möglich:

Der Psychoanalytiker Rainer Funk
"Für das Gelingen des Menschen sind alle Bezogenheitserfahrungen förderlich, die die eigenen körperlichen, seelischen und geistigen Fähigkeiten stärken. Nur wenn ein Mensch aus eigenen Kräften sich bewegen, Kraft entwickeln, aber eben auch denken, fühlen und sich Dinge vorstellen kann, ist er selbstständig, frei und unabhängig von fremden Kräften."
Wie stehen Sie zum Menschenbild von Erich Fromm? Welche Bedeutung haben die Beziehungen zu Anderen für unser Sein? Welche Rolle spielt die Liebe?
Hörer:innen können mitdiskutieren unter 0800 5678 555 oder per Mail unter philo@wdr.de
Redaktion: Gundi Große