Die Pandemie aufarbeiten – Hendrik Streeck
“Die Pandemie ist vorbei, ihre Nachbeben spüren wir bis heute“, sagt der Bonner Virologe Hendrik Streeck. Er fordert eine gründliche Aufarbeitung der Coronazeit, auch mit Blick auf gesellschaftliche Folgen, um für die Pandemien der Zukunft besser gewappnet zu sein.
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"Die Wahrscheinlichkeit, dass die meisten von uns noch einmal eine Pandemie erleben werden, ist hoch", sagt Hendrick Streeck. Das Risiko habe sich in den letzten Jahrzehnten verdreifacht. Umso wichtiger sei es, breit und kritisch zu diskutieren, was während der Coronzeit gut beziehungsweise schlecht gelaufen ist – und was beim nächsten Mal besser funktionieren könnte.
Wegen der Pandemie kamen ja, so Streeck, nicht bloß Medizin und Wissenschaft auf den Prüfstand, sondern auch Politik und Gesellschaft. Zum Teil mit starker Wirkung, wenn man etwa an die gesellschaftliche Spaltung denkt, die mit den Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung einherging. Laut Streeck habe so eine Krise das Potenzial, eine ganze Gesellschaft nachhaltig zu erschüttern. "Aus diesem Grund muss die Coronapandemie als Proxy, als Stellvertreter für zukünftige Krisen, verstanden werden."
Hendrick Streeck, geboren 1977, ist Arzt und Virologe. Er leitet das Institut für Virologie der Universität Bonn und war Teil des Corona-Expertenrats der Bundesregierung. Ihm gehe es insbesondere darum, die Pandemie kritisch aufzuarbeiten, dabei aber keine gesellschaftlichen Gräben zu vertiefen, sondern vielmehr Brücken zwischen der Wissenschaft, Politik und Gesellschaft zu bauen: "Wir sollten wieder mehr Verständnis füreinander haben und miteinander reden, statt übereinander zu urteilen. Wir sollten gemeinsam an Lösungen arbeiten, um die Herausforderungen zukünftiger Krisen besser gewappnet meistern zu können."
Buchtipp
Hendrik Streeck: Nachbeben. Die Pandemie, ihre Folgen und was wir daraus lernen können. Piper Verlag. 2024. 320 Seiten. 22 Euro. EAN 978-3-492-07307-3
Redaktion: Lars Schweinhage
