Der Fliegenpilz und das heilige Fest

Stand: 17.12.2021, 13:24 Uhr

Mit der Christianisierung Europas sind viele archaische Bräuche und Traditionen verschwunden, aber nicht alle. Das ein oder andere Überbleibsel findet sich bis heute in den heimischen Wohnzimmern - zum Beispiel Pilze, Tannen und nordischer Schamanismus.

Manche uralten Bräuche werden bis heute gefeiert, die Wurzeln der Metaphern und Symbole aber sind längst vergessen. Niemand wundert sich über Fliegenpilze an Weihnachtsbaum oder Adventskranz. Mythologen, Ethnobotanikerinnen und Kulturhistoriker aber sind davon überzeugt, dass sich hinter den Liedern und Märchen vom Männlein mit dem purpurroten Mäntlein vorchristliche Wald-Rituale für die Zeit der Wintersonnenwende im nordischen Schamanismus verbergen. Dort, wo auch die Heimat des Weihnachtsmannes mit seinem fliegenden Rentierschlitten vermutet wird, feierte man seit Menschengedenken das Jul-Fest, versetzte sich mit Hilfe des rotweißen Pilzes in Trance und reiste zum "Großen Rentiergeist". Versteckt sich hinter dem Weihnachtsmann vielleicht ein gänzlich unchristlicher archaischer Ritualmeister? Und ist die Tanne, unter der die Pilze wachsen, eher ein Welten- als ein Weihnachts-Baum? Der Fliegenpilz – 2022 "Pilz des Jahres" – verbirgt so manche Überraschung, die das Bild vom Weihnachtsfest ergänzen können. 

Autor: Geseko von Lüpke

Redaktion: Theo Dierkes

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