Literaturangaben:
Sorj Chalandon: Verräterkind
Aus dem Französischen von Brigitte Große
dtv, 2022
304 Seiten, 24 Euro
"Warum wurdest du zum Verräter, Papa?" Das möchte der Ich-Erzähler schon seit Jahren fragen. Denn als er zehn war, hat der Großvater ihm gesagt, dass sein Vater im Zweiten Weltkrieg "auf der falschen Seite" gekämpft habe. Der Vater selbst hat sich hingegen immer als Widerstandskämpfer dargestellt.
Als der erwachsene Sohn diese Frage endlich ausspricht, behauptet der Vater, in der SS gewesen zu sein. Doch der Ich-Erzähler hat Zweifel, beginnt zu recherchieren und entdeckt ein Gespinst aus Lügen und Desertionen. Sein Vater hat im Krieg die Seiten gewechselt wie ein Chamäleon die Farben.
Der Franzose Sorj Chalandon führt in "Verräterkind" die Geschichte des Sohnes, der seinen Vater nicht zu fassen bekommt, parallel mit dem Prozess gegen den Gestapo-Chef von Lyon Klaus Barbie im Jahr 1987. Der Ich-Erzähler berichtet über das Verfahren gegen Barbie und macht gleichzeitig seinem Vater den Prozess.
Vor der Folie der grauenhaften Weltgeschichte steht der Vater endlich als der kleine Lügner da, der er ist. Verrat, Schuld, Wahrheit - davon erzählt Sorj Chalandon in diesem dichten, beklemmenden Roman.
Eine Rezension von Dina Netz
Literaturangaben:
Sorj Chalandon: Verräterkind
Aus dem Französischen von Brigitte Große
dtv, 2022
304 Seiten, 24 Euro