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Buchcover: "Tür an Tür" von Dominik Barta

Lesefrüchte

"Tür an Tür" von Dominik Barta

Stand: 09.12.2022, 13:33 Uhr

Es ist ein Widerspruch in sich, was der österreichische Romancier da vorlegt: einen anheimelnden Großstadtroman. Dominik Barta schickt seinen liebenswert verklemmten Helden auf einen queeren Selbstfindungstrip.

Zusammen ist man weniger allein. Zu dieser Einsicht gelangt der sympathische, wenngleich etwas nerdige Ich-Erzähler in Dominik Bartas Roman. Am Beginn zieht Kurt Endlicher, Lehrer an einer "Handelsakademischen Abendschule" in Wien, in eine Genossenschaftswohnung im sechsten Bezirk.

"Der Mensch wird am Du zum Ich": Diese Einsicht Martin Bubers könnte als Motto über Bartas Roman stehen. In der Begegnung – und zum Teil in der Konfrontation – mit seinen Nachbarn und den größtenteils migrantischen Schüler:innen in der Abendschule nimmt die Individuation des Kurt Endlicher ihren Lauf.

Dominik Barta verknüpft In seinem Großstadtroman eine hauptabendserientaugliche Handlung auf verblüffend leichtfüßige Weise mit einem scharfen soziologischen Blick auf die politischen und sozialen Wirklichkeiten des 21. Jahrhunderts.

Mit stilistischen Sperenzchen behelligt der Autor seine Leserinnen und Leser ebenso wenig wie mit überraschenden Plot Points oder innovativen Formexperimenten. Klares, gerades Erzählen, das ist es, was da geboten wird. Ein empathischer und menschenfreundlicher Roman. Wer dergleichen mag, ist bei Barta an der richtigen Adresse.

Eine Rezension von Günter Kaindlstorfer

Literaturangaben:
Dominik Barta: Tür an Tür
Zsolnay-Verlag, 202
208 Seiten, 23 Euro