Lesefrüchte
"Principessa Mafalda" von Stefan Ineichen
Stand: 03.03.2023, 12:19 Uhr
Der Untergang des Flaggschiffs der italienischen Marine, der "Principessa Mafalda" 1927 gilt als die größte Tragödie der zivilen italienischen Schifffahrt. Der Schweizer Autor Stefan Ineichen hat diesem Schiff und seiner Namensgeberin eine literarisch anspruchsvolle Doppelbiografie gewidmet.
So schnell wie die "Principessa Mafalda" war 1908, im Jahr ihres Stapellaufs, kein anderes Schiff auf der Linie zwischen Genua und Buenos Aires: Nur 18 Tage brauchte der Dampfer, der nur an der Oberfläche ein Luxusliner war. Unter Deck fanden mehr als 1.000 Passagiere in der 3. Klasse Platz. Während sie sich ihr Essen für die Überfahrt selbst mitbringen mussten, speiste der Geldadel auf den oberen Decks in Luxusrestaurants und hörte dabei den Konzerten berühmter Musiker zu.
Stefan Ineichen erzählt facettenreich und literarisch anspruchsvoll vom kurzen Leben dieses Schiffes, und zwar in der Form von Reisebeschreibungen vieler seiner Passagiere.
Angefangen mit Lucia, eine der vielen zehntausend Auswanderer, die es im Bauch der "Principessa Mafalda" von Italien nach Südamerika zog, bis hin zum Anarchisten Gigi Damiani. Und auf den oberen Decks lässt er Harry Graf Kessler, Carlo Emilo Gadda oder Luigi Pirandello von den Erlebnissen ihrer Überfahrt erzählen.
Die Prinzessin Mafalda, Namensgeberin des Schiffes, überlebte es zwar um 16 Jahre, ihr Ende war allerdings ebenso tragisch wie das seine: Obwohl sie sich mit ihrem Mann, Philipp von Hessen, den Nazi-Eliten als adliges Aushängeschild andiente, stellten die sie im KZ Buchenwald unter "Schutzhaft". Dort starb sie 1943 nach einem alliierten Luftangriff.
Dadurch, dass Stefan Ineichen es versteht, das Schicksal des Schiffes mit dem seiner Namensgeberin, kunstvoll zu verknüpfen, ist ihm ein literarisch anspruchsvolles Werk, weit über die Grenzen eines Sachbuchs hinaus gelungen.
Eine Rezension von Peter Meisenberg
Literaturangaben:
Stefan Ineichen: Principessa Mafalda.
Biografie eines Transatlantikdampfers
Wagenbach Verlag, 2023
256 Seiten, 34 Euro
