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Buchcover: "Oben Erde, unten Himmel" von Milena Michiko Flašar

Lesefrüchte

"Oben Erde, unten Himmel" von Milena Michiko Flašar

Stand: 03.02.2023, 16:55 Uhr

Leichenfundortreinigerin – das ist der Beruf der 25jährigen Suzu Takada. Die österreichisch-japanische Autorin Milena Michiko Flašar schreibt mit großer Leichtigkeit über das Leben einer Außenseiterin.

Nach einem abgebrochenen Studium und ihrem Rauswurf als Kellnerin sucht sich Suzu Takada einen neuen Job. Da sie ungern mit fremden Menschen Smalltalk macht, fängt sie bei einer Reinigungsfirma an, die dafür sorgt, dass die Wohnungen einsam verstorbener Menschen wieder bewohnbar werden. Die menschenscheue Suzu findet unter ihren Kollegen Freunde und fühlt sich bei ihnen aufgehoben.

Milena Michiko Flašar greift in ihrem Roman ein Thema auf, das in vielen Gesellschaften tabuisiert ist. Insbesondere der einsame Tod ist mit Gefühlen von Scham und Bestürzung verknüpft. Dabei bietet der Tod eines nahestehenden Menschen immer auch die Möglichkeit, das eigene Leben zu überdenken und darin aufzuräumen.

In einem heiteren, leichten Tonfall schreibt die Autorin über ein gesellschaftliches Phänomen, das in Zeiten der Individualisierung und Vereinsamung entsteht und die Kehrseite der Lockerung gesellschaftlicher Strukturen darstellt.

Nach "Ich nannte ihn Krawatte" und "Herr Kato spielt Familie" hat die japanisch-österreichische Schriftstellerin erneut einen Roman vorgelegt, der eine Außenseiterin in den Mittelpunkt rückt, die dem Druck sozialer Anpassung und dem Leistungsdruck in der japanischen Gesellschaft nicht mehr standhalten möchte. "Oben Erde, unten Himmel" ist ein kluges und menschliches Buch, das berührt.

Eine Rezension von Barbara Geschwinde

Literaturangaben:
Milena Michiko Flašar: Oben Erde, unten Himmel
Verlag Klaus Wagenbach, 2023
304 Seiten, 26 Euro