
Lesefrüchte
"Nach Norden“ von Anuk Arudpragasam
Stand: 06.01.2023, 11:38 Uhr
Der Krieg im Norden der südasiatischen Insel Sri Lanka gegen die tamilische Minderheit hat wie jeder Krieg Spuren hinterlassen. Mit einer kraftvollen Sprache spürt Anuk Arudpragasam in seinem neuen Roman den Mühen nach, die Traumata des Krieges zu begreifen.
Am Anfang stehen zwei Nachrichten: Eine E-Mail von Anjum, einer Aktivistin, in die sich die Hauptfigur Krishan vor Jahren in Delhi verliebt hatte, und ein Anruf aus dem Norden Sri Lankas. Rani, die Haushälterin seiner Großmutter, ist mit gebrochenem Genick am Grunde eines Brunnens gefunden worden.
Krishan, Sohn aus guten Verhältnissen, tritt die Zugfahrt von Colombo in die vom Krieg zerrüttete Nordprovinz an. Je näher er seinem Ziel kommt, desto klarer nimmt er die brutale Geschichte seines Landes wahr, vor dessen Hintergrund sich in seinen Gedanken die Schicksale dreier Tamil-Frauen abheben.
Anuk Arudpragasam hat den Opfern des Krieges mit seinem Buch ein literarisches Denkmal gesetzt. Ein sprachgewaltiges Andenken.
Eine Rezension von Gerhard Klas
Literaturangaben:
Anuk Arudpragasam: Nach Norden
Aus dem Englischen von Hannes Meyer
Hanser Berlin, 2022.
320 Seiten, 25 Euro.