Buchcover: "Der Magier im Kreml" von Giuliano da Empoli

Lesefrüchte

"Der Magier im Kreml" von Giuiliano da Empoli

Stand: 10.03.2023, 14:29 Uhr

Ein gewisser Wadim Baranow erzählt einem namenlosen französischen Literaturwissenschaftler, wie es war, fünfzehn Jahre zu den engsten Beratern Putins zu gehören: Baranow ist der "Magier im Kreml".

Jenen Baranow gibt es wirklich. Hinter dem Pseudonym verbirgt sich der ehemalige Schriftsteller und TV-Produzent Wladislaw Surkow. Im Jahr 2020 fällt Surkow bei Putin in Ungnade, erklärt seinen Rücktritt und taucht an der Moskauer Peripherie unter. In einer langen Moskauer Winternacht erzählt Baranow-Surkow dem Franzosen, wie stark sich das politische Verständnis von Macht in Russland von dem des Westens unterscheidet.

Nach seinem Rückzug aus dem Kreml hat er eigene Texte über seine Zeit als Magier geschrieben. Sie dürften für Guiliano da Empoli wichtige Recherche-Quellen gewesen sein. Baranow-Surkow berichtet von Aufstieg und Fall der Oligarchen Beresowski und Chodorkowski sowie anderer bekannter Persönlichkeiten – ohne dass er seine Mitschuld an deren Schicksal zu vertuschen sucht.

"Der Magier des Kreml" ist die Lebensbeichte eines Mannes, der Vollstrecker von Putins mörderischen Ideen war. Dem Chaos- und Machtforscher Guiliano da Empoli ist ein hoch aktueller und glänzend recherchierter Text gelungen. Spannend erzählt wie ein Roman, glänzend recherchiert wie ein Sachbuch.

Wer besser verstehen möchte, warum die russische Macht so funktioniert, wie sie es tut, sollte das Buch unbedingt lesen.

Eine Rezension von Andrea Lieblang

Literaturangaben:
Guiliano da Empoli: Der Magier im Kreml
Aus dem Französischen von Michaela Meßner
C.H. Beck Verlag, 2023
265 Seiten, 25 Euro