
Lesefrüchte
"Aufstand" von José Ovejero
Stand: 13.01.2023, 10:48 Uhr
Aitors siebzehnjährige Tochter Ana schließt sich der gewaltbereiten Hausbesetzerszene an. Der Roman "Aufstand" schildert sehr bewegend, wie es dazu kam und wozu ein Mensch fähig ist, wenn das eigene Kind auf die schiefe Bahn gerät.
Aitor arbeitet als Journalist in Madrid und abgesehen von den ständigen Sparmaßnahmen im Sender ist er mit seinem Leben zufrieden. Vor allem, weil sich nach der Scheidung von seiner Frau Isabel die fast erwachsenen Kinder Luis und Ana entschieden haben, bei ihm zu bleiben.
Zur inzwischen siebzehnjährigen Ana hatte Aitor immer ein besonders enges Verhältnis. Zumindest glaubte er das. Doch dann verschwindet Ana spurlos. Isabel, die einen Laden für ökologische Taschen betreibt, ist ebenfalls ratlos. Anas älterer Bruder Luis gibt zumindest vor, nicht zu wissen, was seine Schwester treibt. In seiner Verzweiflung beauftragt Aitor den Detektiv Javier mit der Suche nach Ana.
Autor José Ovejero schildert nicht nur, was in Aitor vorgeht, er folgt auch Ana: Die Leserschaft erlebt hautnah mit, wie das nach einer gerechteren Welt strebende Mädchen dem charismatischen, gewaltbereiten Hausbesetzer Alfon immer weiter auf den Leim geht.
"Aufstand" ist ein spannender und sehr aktueller Roman über die Unzufriedenheit einer jugnen Frau mit der konsumorientierten Welt. Der Lebensentwurf der Eltern genügt ihr nicht, da er sie nicht sehr weit brachte: Ob in Aitors Sender oder in der Familie – letztlich lebt man nebeneinander her und Vertrauen scheint dazu da, missbraucht zu werden. Da haben Heilsbringer mit ihren scheinbar hehren moralischen Ansprüchen leichtes Spiel.
Eine Rezension von Eva Karnofsky
Literaturangaben:
José Ovejero: Aufstand
Aus dem Spanischen von Patricia Hansel
Edition Nautilus, 2022
328 Seiten, 26 Euro