Tatjana von der Beek erzählt in ihrem Debütroman "Die Welt vor den Fenstern" von einer außergewöhnlichen Familienkonstellation. Die Ich-Erzählerin Maia kennt nur ihre Mutter, ihre Tante, den Onkel, die fast gleichaltrige Cousine und die Großmutter, die als Oberhaupt über die Abläufe im Haus bestimmt.
Die Fenster lassen sich nicht öffnen und eine Tür nach draußen auf die Wiese gibt es nicht. Das Lesen erlernen die jungen Mädchen Maia und Cousine Alrischa von ihrer Großmutter. Die Familie versorgt sich selbst und orientiert sich an einem strengen Alltagsplan. Jeder darf nur einen Gegenstand besitzen und hat feste Aufgaben zu erfüllen. Bei Nichterfüllung der Aufgaben, gibt es kein Essen.
Alle Familienmitglieder sind nach Sternen benannt. Maias ist ein nur sehr schwach sichtbarer Stern. Dagegen entspricht Kapella, der Name der Großmutter, einem sehr starken Stern. Neben der Astrologie spielt die Mythologie eine wichtige Rolle und ist auch Bestandteil der regelmäßig stattfindenden Treffen, bei denen man sich Geschichten erzählt.
Die 1993 geborene Autorin Tatjana von der Beek hat einen leisen aber eindringlichen Ton für ihre kammerspielartige Geschichte gefunden. Thematisch geht es um die Rolle der Familie, in der die einzelnen zugunsten der Gemeinschaft agieren. Aber was passiert, wenn der Wunsch nach Außenkontakt entsteht? Die Heranwachsende Maia hinterfragt ihre Familienkonstellation und deckt ein Geheimnis auf.
"Die Welt vor den Fenstern" ist ein starker Roman, der mit seiner zugleich berührenden und verstörenden Geschichte die Leserinnen und Leser in den Bann zieht.
Eine Rezension von Claudia Cosmo
Literaturangaben:
Tatjana von der Beek: Die Welt vor den Fenstern
Ecco Verlag, 2022
256 Seiten, 20 Euro