Leipzig, kurz nach der Wende: Saschas Familie kämpft sich durch. Seine Mutter macht Überstunden im Krankenhaus, damit finanziell auch mal was extra drin ist, zum Beispiel die Einschulungsfeier von Saschas Halbschwester Jacky. Mit ihr teilt Sascha sich nicht nur ein Zimmer - er muss auch immer wieder auf sie aufpassen. Ihr Vater kümmert sich nicht um sie, Saschas eigener Vater ist bei einem Unfall gestorben.
Für Ablenkung sorgen die Nachmittage mit den Kumpels Jarno, Timo und Engel. Die vier sind gefürchtet: Wenn jemand ihnen komisch kommt, schlagen sie schnell mal zu. Abwechselnd muss Jeder von ihnen eine Mutprobe bestehen, und diese Mutproben werden immer heftiger.
Als Sascha seinen neuen Mitschüler Marcel in die Clique mitbringt, läuft eine Mutprobe völlig aus dem Ruder. Sascha bleibt mit einem Haufen Fragen zurück. Fragen nach Freundschaft, Schuld und Vergebung, aber auch danach, was er überhaupt mit seinem Leben anfangen will.
Wie schon in "Scherbenhelden" siedelt Johannes Herwig seinen neuen Jugendroman in einer Punk-Clique im Leipzig der Nachwendezeit an - eine Zeit, die er selbst als Punk erlebt hat.
Dem Tonfall merkt man an, dass Herwig weiß, worüber er schreibt: Er erzählt rau, schnodderig, direkt, aber auch witzig und liebevoll von einem Jugendlichen, der ein Trauma mit sich herumschleppt, dem ein zweites schreckliches Unglück widerfährt und der einen Plan für die Zukunft sucht. Eine bewegende Coming-of-Age-Geschichte.
Eine Rezension von Dina Netz
Literaturangaben:
Johannes Herwig: Halber Löwe
Gerstenberg Verlag, 2023
240 Seiten, 18 Euro
Ab 14 Jahren