Neuer Abschnitt
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Was als Notgemeinschaft beginnt – die junge Waise Alma, ihr Patenonkel Ludwig, frisch aus dem Krieg kommender Student, und Fräulein Gerner –, hält ein halbes Jahrhundert, vom Kaiserreich bis ins Nachkriegsdeutschland. Das Leben dieser provisorischen Familie zwischen humanistischen Idealen und forderndem Zeitgeist ist geprägt von Ludwigs wissenschaftlicher Karriere, die beide Frauen treu begleiten, während der Bruder Wilhelm zum Nationalsozialisten wird.
Doch wenn man zu Schlaf, Narkotika und Gift forscht, stellt sich auch für Ludwig Lendle die Frage nach Schuld und Verantwortung. Zwischen Fakten und Fiktion, wissenschaftlichem Aufbruch und melancholischem Lebensgeist entfaltet sich ein Jahrhundert-Tableau. Dabei versucht der Roman herauszufinden, welche Bedeutung Familiengeschichte haben kann – besonders für den Autor. Die Familie setzte sich über Ludwigs Wunsch, seine Tagebücher zu vernichten, hinweg.
Mit Hilfe dieser Tagebücher des Großonkels sowie seines wissenschaftlichen Nachlasses gelingt Jo Lendle mit Detailwissen, Humor und philosophischer Reflexion eine wahrhafte Fiktion über eine ganze Epoche.
Eine Rezension von Bettina Hesse
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Literaturangaben:
Jo Lendle: Eine Art Familie
Penguin Verlag, 2021
368 Seiten, 22 Euro