
Dirk Stermann über "Maksym"
Stand: 04.08.2022, 13:36 Uhr
Dirk Stermann hat ein Problem. Seine Frau Nina übernimmt die Leitung des österreichischen Kulturforums in New York und überlässt den kleinen Hermann seinem Vater Dirk, der als Unterhaltungskünstler viel unterwegs ist. Die ungewöhnliche Lösung: ein ukrainischer Babysitter mit Namen Maksym.
Die Ausgangssituation ist die einer typischen Kleinfamilie: der Vater geht seinen Geschäften nach, im Falle des Bühnenkünstlers Dirk bedeutet das viele Tage und Nächte Abwesenheit, feste Termine im Fernsehen, dazu Arbeit am neuen Roman. Die Mutter versorgt das Kind und macht in den ersten Jahren einige kleine Jobs. Doch dann kehrt sich die Situation um, Nina übernimmt eine interessante Stelle in New York und verlässt Wien. Diese Entscheidung trifft sie eigenständig, Dirk fühlt sich überrumpelt und muss nun sehen, wie er die neue Situation meistert.
Maksym zieht ein. Der Mann aus der Ukraine ist der Gegenentwurf eines Au Pairs, ein kerniger Typ, er trainiert den kleinen Hermann am Boxsack, er geht mit ihm mit der Axt in den Wald, bringt ihm Radfahren bei. Sein fotografisches Gedächtnis, nutzt er, um ein Studium in Rekordzeit durchzuziehen und nebenbei therapiert er den verlassenen Dirk, der völlig verwahrlost, als der kleine Sohn vorübergehend nach New York zieht.
Dirk Stermann führt seine Leserinnen und Leser an der langen Leine durch seine Geschichte, alles könnte stimmen, nichts muss stimmen. Nina macht das, was sonst die Väter tun, Maksym ist das ungewöhnlichste Au Pair in Wien und Hermann entwickelt sich prächtig.
Dirk Stermann rechnet pointenreich und selbstironisch mit einer 1000-Jährigen Vätergeschichte ab, die nach wie vor gerne Kind und Hausarbeit den Frauen überlassen. Es geht auch anders. Und ganz nebenbei ist das Buch eine Liebeserklärung an Wien, die Stadt, in der der gebürtige Duisburger Dirk Stermann seit den 1980er Jahren lebt.
Eine Rezension von Susanne Wankell
Literaturangaben:
Dirk Stermann: Maksym Rowohlt
Hundert Augen, 320 Seiten, 23 Euro