
Antje Rávik Strubel über "Es hört nie auf, dass man etwas sagen muss"
Stand: 12.08.2022, 08:57 Uhr
Essays und Reden der Buchpreisträgerin aus 18 Jahren in einem Band. Es sind Essays im besten Sinne, denn sie nehmen mit in ein Denken jenseits der allzu starren Gewissheiten über Gesellschaft, Geschlecht und Existenz.
Antje Rávik Strubels hier gesammelte Essays sind im besten Sinne unkonventionell. "Einmal hinaussegeln aus dem klaren menschlichen Gerüst", schreibt sie etwa zum Festakt 100 Jahre Frauen in der Politik, "hin zu Orten, wo es keine universalen, sondern multiversale Menschenbilder gibt." Damit ist die Stoßrichtung dieser Texte gut beschrieben: Sie weiten den Blick aufs Leben, wie es noch sein könnte, statt ihn zu verengen. Immer wieder trifft hier das Ungebundene auf Institutionen, Konventionen und vermeintliche Sachzwänge, die es zähmen, einhegen, zu Tode ordnen wollen.
Strubel führt diese Einengungen ad absurdum, ob sie über Heinrich von Kleists Amazone Penthesilea als Transperson schreibt, über im Fernsehen übertragene Elchwanderungen oder über den Krieg der Gendersterne auf Parkbänken und Social-Media-Plattformen.
Wussten Sie, dass Gendersterne eigentlich dazu da sind, damit das Geschlecht beim Sprechen eine kleinere Rolle spielt, nicht eine größere? Nur eins von vielen Andenken von diesen Gedankenwanderungen. Höchstwahrscheinlich entdecken Sie, während Sie Strubels bewusst eigenwilligen Wegen folgen, noch weitere ungewohnte Perspektiven.
Eine Rezension von Fabian May
Literaturangaben:
Antje Rávik Strubel: Es hört nie auf, dass man etwas sagen muss. Essays.
S. Fischer, 192 Seiten, 24 Euro