Mein Name ist Judith Keller. Ich bin Schriftstellerin und neben meinem Bett liegt Sascha Machts Roman "Spyderling". Gestern habe ich dieses leuchtend überbordende, im besten Sinn verdorbene, aber auch philosophische und fantastische Buch zu Ende gelesen und mir schwirrt noch immer der Kopf davon. Aber worum geht es eigentlich?
Die Brettspieleentwicklerin Dytona Sepulveda wird zusammen mit sieben weiteren Brettspieleentwicklerinnen auf ein Weingut in der Republik Moldau eingeladen. Dieses gehört Spyderling, dem Guru der Brettspieleentwickler, den oder die aber noch nie jemand zu Gesicht bekommen hat.
Die Jugendlichen warten auf sein Erscheinen, während sie sich auf eine Weise die Zeit vertreiben, die immer nah an einer irgendwie frohlockenden Eskalation ist. Inwiefern unterscheiden sich Leben und Brettspiel? Tun sie das überhaupt? Wie könnte ein Brettspiel aussehen, dass die Wirklichkeit verändert? Und falls das nicht möglich ist, wie können wir auf dem gegebenen Spielbrett Welt dennoch weiter leben?
Sascha Macht gibt mit seinem humorvollen Sinn für alles schrill Verdorbene eine eigenartig versöhnliche Antwort auf diese Frage. Das Buch macht uns keine Illusionen. Die möglichen Spielzüge in der vorhandenen und verstellten Welt sind begrenzt.
Doch geht eine wirre gute Laune aus von dem Buch, ein energisches trotz allem sich Hineinbegeben auf das große Brett und eine ungeheure Lust zu spielen, was auch immer kommen mag. Ich finde, dieses Buch sollte auf jedem Nachttisch liegen.
Literaturangaben:
Sascha Macht:Spyderling
DuMont Buchverlag, 2022
480 Seiten, 25 Euro
Judith Keller: Oder?
edition spoken script, 2021
280 Seiten, 22 Euro