
Kommentar: Wer den Pfennig nicht ehrt, zahlt bargeldlos
Stand: 04.05.2022, 13:10 Uhr
Das Bargeld ist auf dem Rückzug. Ein Kölner Handelsforschungsinstitut hat ermittelt, dass in Läden und Supermärkten immer häufiger per Karte oder Handy gezahlt wird. Klar, die Corona-Pandemie hat das Bargeld zurückgedrängt, Rechnungen werden seither gerne kontaktlos beglichen. Ob's aber jetzt nur am Virus liegt, dass Münzen und Scheine nicht mehr so oft über die Ladentheke wandern? Fest steht jedenfalls: Auch manch eingefleischter Bargeldzahler ändert sein Verhalten.
Von Ferdinand Quante
Ich geb's zu: Ich bin ein Überläufer. Jedenfalls stehe ich schon mit einem Bein im Lager der Kartenzahler. Und das als großer Bargeldfan. Irgendwie beruhigt es mich, echtes Geld im Portemonnaie zu haben. Nur ist der Weg zum echten Geld in der letzten Zeit ziemlich lang geworden. Die Bankfilialen machen ja reihenweise dicht. Um den nächsten gebührenfreien Geldautomaten zu erreichen, muss ich mittlerweile einen regelrechten Wandertag veranstalten.
So wie's aussieht, ist das Bargeld vom Aussterben bedroht. Und in einigen Weltgegenden ist es schon praktisch tot. In London zum Beispiel. In einer kleinen Bäckerei war die Verkäuferin amüsiert, als ich ihr einen fünf-Pfund-Schein mit dem Bild der Queen reichte. Selbst ein simples Graubrot ist in London nur mit Karte zu haben.
Ich weiß nicht, ob diese Regelung so schlau ist. Eine Giro- oder Kreditkarte hat nun mal nicht jeder. Wie ein durchschnittlicher Jugendlicher da an eine Tüte Kartoffelchips kommen will, ist mir echt schleierhaft und tatsächlich habe ich in den Londoner Supermärkten auch keinen einzigen Jugendlichen gesehen, der sich auf eigene Faust was besorgen wollte.
Bei uns ist das zum Glück anders. Bargeld funktioniert hier noch. Kinder können sich am Kiosk Lollis kaufen, in den Bechern der Obdachlosen klingelt's noch, und bevor ich jetzt anfange, das hohe Lied der Münzen und Scheine zu singen, gebe ich besser gleich zu, dass ich an der Kasse immer öfter die Karte zücke. Das Ding an den kleinen Automaten halten, es macht piep und fertig.
Eigentlich mag ich Bargeld und grabe ihm doch das Wasser ab. Aus purer Bequemlichkeit.