
Mama pflegen und trotzdem weiter arbeiten gehen? – Der Spagat zwischen Pflege und Beruf
Stand: 28.01.2023, 00:00 Uhr
Zusätzlich zum Beruf einen Angehörigen zu pflegen ist eine Mammutaufgabe. In WDR 4 Mittendrin erzählen Betroffene von ihrer Lage. Und eine Expertin gibt Tipps dazu, welche Rechte pflegende Angehörige haben.
Von Anne Debus
Wie soll ich das bloß schaffen ...
Mehr als 3,3 Millionen Pflegebedürftige in Deutschland werden zu Hause versorgt, meist von Angehörigen. Diese Angehörigen müssen aber oft neben der Pflege auch noch ihrem Beruf nachgehen.
In dieser schwierigen Lage war auch die 57-jährige Cordula aus Schmallenberg. Bis vor kurzem pflegte sie ihren mittlerweile verstorbenen Vater. Als Krankenschwester hatte sie zwar alle nötigen Kenntnisse dafür. Aber der Spagat zwischen der Verantwortung für den kranken Vater zu Hause und den Nachtdiensten im Seniorenheim hat sie fast zerrissen.
"Man fühlt sich wie im Standby. Man guckt immer: Hab ich das Telefon dabei? Ist zu Hause irgendwas mit Papa? Man kann überhaupt nicht mehr loslassen von diesem Gedanken und muss sich wirklich konzentrieren, seine Arbeit zu machen. Weil man das Gefühl hat: Man kann da eigentlich gar nicht weg."
Gesetzliche Rechte im Pflegefall
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Angehörige pflegen, haben gesetzliche Ansprüche. Einer der wichtigsten: Tritt ein Pflegefall plötzlich ein, kann man sich sofort für zehn Tage von der Arbeit freistellen lassen. Dafür reicht ein Attest vom Arzt. Für diese Zeit bekommt man Geld von der Pflegekasse.
Dauert die Pflege länger, gibt es zwei Modelle: Über die "Pflegezeit" kann man sich für bis zu sechs Monate ganz oder teilweise von der Arbeit freistellen lassen. Die "Familienpflegezeit" ermöglicht es, die Arbeitszeit für maximal zwei Jahre auf bis zu 15 Wochenstunden zu reduzieren.
Für beide Modelle gelten aber komplizierte Voraussetzungen. Außerdem bekommt man keine Lohnersatzleistung, sondern hat nur Anspruch auf ein zinsloses Darlehen. Betroffene sollten sich daher unbedingt beraten lassen. Beratungsstellen findet man über den "Pflegewegweiser NRW".
"Pflegelotsen" als Anlaufstelle im Betrieb
Job und Pflege unter einen Hut zu bringen ist eine Extremsituation, besonders wenn der Pflegefall auch noch plötzlich eintritt. Dann kann es eine große Hilfe sein, wenn es im Betrieb einen "Pflegelotsen" gibt – einen speziell geschulten Mitarbeiter, der sich mit der Situation auskennt und pflegende Kolleginnen und Kollegen berät.
Schulungen für "Betriebliche Pflegelotsen" findet man im Internet, in der Regel hilft auch die lokale Wirtschaftsförderung weiter.