Kaffeebohnen

Der Kaffee ist fertig! Erinnerungen rund um unser Lieblingsgetränk

Stand: 28.04.2023, 00:00 Uhr

Umgerechnet gut eine Badewanne Kaffee pro Kopf trinken wir Deutschen im Schnitt pro Jahr. An unserem heißen, duftenden Lieblingsgetränk hängen auch viele Erinnerungen. Und über die sprechen wir heute in 'WDR 4 Mittendrin'.

Von Anne Debus

Der Kaffee ist fertig! Erinnerungen rund um unser Lieblingsgetränk

WDR 4 Mittendrin - In unserem Alter 29.04.2023 17:24 Min. Verfügbar bis 28.04.2024 WDR 4 Von Anne Debus


Download

Seltene Köstlichkeit in Kriegs- und Nachkriegszeit

Einfach in ein Geschäft gehen und unter zig Kaffeesorten eine auswählen? Im Zweiten Weltkrieg und in der Zeit unmittelbar danach undenkbar – damals war echter Bohnenkaffee eine seltene Köstlichkeit.

Die 87-jährige Christel Mühlbauer erinnert sich: "Meine Mutter hat sehr gerne Kaffee getrunken und die hatte eine Dame, die in der Nachbarschaft wohnte, die Pakete aus Amerika bekam und dann hat sie lotweise Kaffee bei ihr gekauft. Im Laden gab's keinen!"

Entsprechend hoch waren die Preise. Die Familie von Walter Wille betrieb in der Nachkriegszeit eine Kaffeerösterei in Dortmund. "Wenn wir bedenken, dass der Durchschnittsverdienst bei 250 Mark lag und ein Pfund Kaffee 30 kostete, dann kann man sich ausmalen, wie wertvoll der Kaffee war!"

Für die Mitarbeiter in der Rösterei natürlich eine Versuchung, erzählt der heute 83-jährige Walter. "Ich erinnere mich, dass jemand mal versucht hat, sich eine Handvoll in die Tasche zu stecken, als der gerade aus der Maschine kam. Dann sprang der auf einmal da herum – der Kaffee war nämlich unheimlich heiß, das hat ihm die Hose verbrannt!"

Zahlungsmittel und Schmuggelware

Der hohe Preis machte Kaffee zum begehrten Zahlungsmittel. Unser Studiogast Michael Gliss ist Experte für Kaffee: "Es war ein Währungsmittel, mit dem man getauscht hat um zu überleben! Also für Brot. Für Butter. Und dafür wurde – wer ihn ergattern konnte – gerne gerösteter Bohnenkaffee eingesetzt."

Zudem belegten die Alliierten im besetzten Deutschland das Luxusgut zeitweise auch noch mit einer hohen Kaffeesteuer. Da lohnte es sich, nach Belgien oder in die Niederlande zu fahren, um den Kaffee über die Grenze zu schmuggeln. In den Grenzgebieten kam es dabei zu regelrechten Kämpfen zwischen Schmugglerbanden und der Polizei.

Die Domäne der Frauen – das Kaffeekränzchen

Mit dem Wirtschaftswunder wurde auch der Kaffee wieder erschwinglich. Und eine alte Tradition lebte wieder auf – das Kaffeekränzchen. Mit dem guten Kaffee-Service und der schönen Tischdecke, mit Büchsenmilch und Torte. Und auch wenn es manchmal etwas belächelt wurde – die Tradition des Kaffeekränzchens hatte eine wichtige soziale Funktion, erzählt Kaffeefachmann Michael Gliss:

"Das war die Möglichkeit der Frauen, sich zu treffen!" Denn in früheren Jahrhunderten durften Frauen nicht in Gaststätten verkehren. Noch bis in die 1970er Jahre hatten sie wenig Freiraum, durften ohne die Erlaubnis ihres Mannes nicht arbeiten gehen. Da war das Kaffeekränzchen ein willkommener Anlass, sich in privaten Räumen mit anderen Frauen zu treffen, sagt Michael Gliss. "Und dabei hat Kaffee als verbindendes Element sie einfach unterstützt!"