Nöthen

Stand: 30.01.2023, 00:00 Uhr

Wer nach Nöthen, einem Ortsteil von Bad Münstereifel, kommt, könnte poetisch werden, denn er wird mit Postkartenmotiven begrüßt: Da sind die alte Pfarrkirche St. Willibrord, deren trutziger Turm sich zwischen seichten Eifelhügeln nach oben streckt, wunderschön restaurierte Fachwerkhäuser, die sich rund um die Kirche versammeln, und grüne Weiden, auf denen vom Aussterben bedrohte Tiere grasen wie weiße, gehörnte Heidschnucken und schwere Schwarzwälder Pferde. Die rund 700 Einwohner, darunter auch Zugezogene, haben hier ihr Paradies gefunden.

Von Petra Krüll

Nöthen WDR 4 Mein Dorf 03.02.2023 11:20 Min. Verfügbar bis 04.02.2024 WDR 4 Von Petra Krüll

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Die Nöthener haben Humor: Sobald man mit einem "Ureinwohner" ins Gespräch kommt, fällt dieser leicht abgewandelte Satz aus der Bibel: "Wenn ihr in Nöt(h)en seid, dann ruft mich an!" Fast biblisch alt ist Nöthen tatsächlich: Der Ortsteil von Bad Münstereifel kann auf eine über 1150 Jahre alte Geschichte zurückblicken. Noch älter ist das Matronenheiligtum im Wald, eine teilrestaurierte Kultstätte aus gallo-römischer Zeit, die bis heute ihren Reiz nicht verloren zu haben scheint: Regelmäßig legen Spaziergänger an den beiden Weihesteinen mit den drei Mutterfiguren, den Matronen, Opfergaben wie Früchte, Geld oder Schokolade ab. Offenbar erhoffen sie sich dadurch Wohlstand auf dem Teller und im Portemonnaie.

Eine deutsch-französische Bäckerei und Konditorei

In Nöthen haben vor zwanzig Jahren die Eiflerin Susi und der Franzose Franck die deutsch-französische Bäckerei und Konditorei Dumesny eröffnet und bieten dort raffinierte, köstliche Tartes und Torteletts an. Und sie haben eine französische Tradition aufleben lassen: Rund um den 6. Januar, an dem die Christen den Tag "Heilige Drei Könige" feiern, backen sie zig "Galettes des Rois". Das ist ein Blätterteigkuchen mit einer süßen Füllung aus Mandelcreme, in der eine kleine Porzellanfigur versteckt ist. Derjenige, der das Tortenstück mit der Figur erwischt, ist der "Galette-König" und bekommt eine goldene Krone aus Pappe aufgesetzt.

Weniger süß ist die Geschichte vom roten Mieder der blonden Lies. Man erzählt sich, dass die tapfere Lies in einer kalten Novembernacht, der Andreasnacht im Jahr 1800, mit Mut und Köpfchen einen Kirchenräuber überführte, der sie genau ein Jahr später bei der Willibrorduskirmes kaltblütig erstach. Der in der Region bekannte Räuber soll zur Bande des Schinderhannes gehört haben.

"Humorarbeit" im ehemaligen Kuhstall

Friedlich geht es dagegen auf dem Archehof von Martin Solbach zu. Der Zahnarzt mit Praxis mitten im Dorf züchtet seit 30 Jahren die vom Aussterben bedrohten weißen, gehörnten Heidschnucken und schwere Schwarzwälder Kaltblüter. Das Leben als Hobbyschäfer ist für ihn eine Passion und beschert ihm jeden Tag ein strammes Fitnessprogramm, denn bei der Schäferei ist reine Handarbeit gefragt.

"Humorarbeit" ist dagegen das Motto der Kabarettistin Eva Eiselt, die in Nöthen geboren wurde und in ihrem Elternhaus seit 20 Jahren den "Kulturstall" führt. Das ist eine Kleinkunstbühne im ehemaligen Kuhstall des ursprünglichen Bauernhofs mit einer ebenso kleinen Freilichtbühne im Garten, auf der einmal im Jahr auch bekannte Gastkünstler auftreten.