Giacinto Scelsi – Medium oder Tonbandkünstler?

Der geheimnisumwobene Komponist Giacinto Scelsi inszenierte sich als Medium, das göttliche Eingebungen in nächtlichen Tonbandimprovisationen festhielt. Studio Neue Musik stellt Tonbänder und fertige Werke einander gegenüber – mit überraschenden Befunden.

Als die Musikwelt Ende der 1970er Jahre auf einen römischen Grafen aufmerksam wurde, dessen Musik eine geradezu mythische Kraft entfaltete und quer zu allen Moden und Zeitströmungen zu stehen schien, war das Erstaunen groß. Nach einem psychischen Zusammenbruch hatte sich Conte Giacinto Francesco Maria Scelsi d’Ayala Valva aus dem gesellschaftlichen Leben weitgehend zurück gezogen und die Musik als Medium entdeckt. Dass er Fotografien von sich untersagte, steigerte nur die Neugier auf seine Musik. Auch in Bezug auf seinen Schaffensprozess pflegten Scelsi und sein Umfeld Mystifikationen, die bis heute weit verbreitet sind. In dieser Sendung stellt der Komponist und Forscher Friedrich Jaecker erstmals Originalaufnahmen der Improvisationen vor, die für Scelsis Orchesterwerke als Grundlage dienten. Ein einmaliger Blick in die Komponistenwerkstatt und eine Spurensuche zwischen göttlicher Eingebung und Tonbandmanipulationen, nächtlicher Improvisation sowie mühevoller Transkriptionsarbeit des treuen Assistenten Viero Tosatti. Mit überraschenden Befunden. 

Mit Ausschnitten aus 

Giacinto Scelsi
Quattro Pezzi per Orchestra (1959) 

Hymnos (1963)
für zwei Orchester, Orgel und Schlagzeug

Xnoybis (1964)
für Violine

Anahit (1965)
für Violine und 18 Instrumente

sowie Tonbandaufnahmen aus dem Scelsi-Archiv in Rom

Moderation: Friedrich Jaecker
Redaktion: Patrick Hahn