Jennifer O'Loughlin als Maria Stuarda in Donizettis gleichnamiger Oper

06.05.2019 – Donizetti, "Maria Stuarda" am Münchner Gärtnerplatztheater

Stand: 06.05.2019, 13:50 Uhr

Nachdem Edita Gruberova an der Bayerischen Staatsoper im März 2019 als Königin Elisabeth in Donizettis "Roberto Devereux" ihren Bühnenabschied gegeben hatte, muss man, um in München dramatischen Belcanto zu hören, ins benachbarte Gärtnerplatztheater gehen, wo derzeit "Maria Stuarda" von Donizetti im Repertoire ist. Die Gruberova hatte ja die Maria Stuarda 1998 in einer mittlerweile legendären Aufnahme unter Marcello Viotti und dem Münchner Rundfunkorchester eingesungen. Das alles sollte man nicht im Ohr haben, wenn man an einem Mai-Sonntag eine Repertoirevorstellung in Münchens zweitem Opernhaus besucht.

Dennoch, wenige Bühnen können zu ihrem Ensemble eine Sängerin wie Jennifer O’Loughlin zählen, die diese anspruchsvolle Partie mit Verve und auch der Fähigkeit zum verinnerlichten Gesang darzustellen imstande ist. Wenn sie Marias Abschiedsworte an Leicester „Ah! se un giorno“ zum zweiten Mal singt, ist sie, auf dem Weg zum Schafott, schon ganz entseelt. Es ist ein geheimnisvoller Gesang, bei dem sie der junge Dirigent Kiril Stankow durch ein schönes Piano und ein langsameres Tempo als beim ersten Mal unterstützt.

Es gab allerdings auch eher pauschale Darstellungen. Oft - zu oft - hörte man aus dem Orchester plumpsende Töne im italienischen Banda-Stil. Und auch Jennifer O’Loughlin konnte etwa ihrer Auftrittsarie, in der sie sich in ihr geliebtes Frankreich zurücksehnt, nicht mit dem Zauber versehen, der später ihre letzten Töne umgab. Sie hat eine kraftvolle, fokussierte Sopranstimme und eine strahlende Höhe, aber an diesem Abend eben nicht durchgehend den Willen oder die Fähigkeit eine der interessantesten Partien Donizettis in allen Facetten durchzugestalten. Beeindruckend war an diesem Abend aber die berühmte Fluchszene, in der sie die Königin Elisabeth als Bastardin beschimpft. Da standen sich mit Jennifer O'Loughlin und Nadja Stefanoff als Elisabeth zwei fauchende Frauen gegenüber, die für einen Moment alle Conentance - auch im Gesang - hinter sich ließen. Stefanoff verlieh der Elisabeth auch sonst einen durchweg unsympathischen Charakter. Absichtlich oder nicht hatte ihre Stimme in den hohen Lagen etwas Kreischendes, was dieses Profil nur noch schärfte.

Arthur Espiritu als Leicester benahm sich als ein Operettentenor, wie er im Buch steht. Da merkte man leider nichts von der inneren Zerrissenheit der heimlichen Leidenschaft zu Maria und seiner Staatstreue. Stattdessen machte der amerikanisch-philippinische Tenor aus seinem Rettungsplan „Che le tue prigioni apri“ eine schmalzige Pose. Christoph Seidl sang den Talbot mit sonorem Bass als empathischen Beichtvater und Matija Meić als Schatzmeister Cecil erlebte man als regimetreuen Anstachler, aber mit interessanten nachdenklichen Zwischentönen.

Die Idee der Inszenierung von Michael Sturminger und den Ausstattern Andreas Donhauser und Renate Martin bestand darin, durch glatte Flächen und durchsichtige Vorhänge und unter Einsatz der Drehbühne die Aufmerksamkeit möglichst unabgelenkt auf die Darsteller in historischen Kostümen zu lenken. Das gelang oft nicht, weil die Personenregie in der 15. Vorstellung dieser Produktion hier und da schon abgenutzt wirkte.

Großes Lob für den Gesamtspielplan des Gärtnerplatztheaters, das in dieser Spielzeit nicht weniger 30 Produktionen mit 10 Premieren vom Musical, Operette, Kindertheater, Tanz, Spieloper, Belcanto bis zum zeitgenössischen Musiktheater im Repertoire hat, darunter von Hans Werner Henze „Der junge Lord“ als nächste Premiere in der Regie von Brigitte Fassbender.

Premiere: 22.03.2018, besuchte Vorstellung: 05.05.2019

Besetzung:
Maria Stuarda: Jennifer O'Loughlin
Elisabetta: Nadja Stefanoff
Graf Leicester: Arthur Espiritu
Georg Talbot: Christoph Seidl
Sir William Cecil: Matija Meić
Anna Kennedy: Karina Repova

Chor des Staatstheaters am Gärtnerplatz
Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz

Musikalische Leitung: Kiril Stankow
Regie: Michael Sturminger
Co-Regie: Ricarda Regina Ludigkeit
Bühne / Kostüme: Andreas Donhauser, Renate Martin
Licht: Michael Heidinger
Video: Meike Ebert, Raphael Kurig
Choreinstudierung: Felix Meybier
Dramaturgie: Daniel C. Schindler