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19. Februar 2021 |
Fünf Jahre in 12 Stunden |
Liebe Hörspielfreunde,
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ich erinnere mich genau an den Beginn des NSU-Prozesses:
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Die Anspannung ist groß, der Andrang der Journalisten enorm, ich bin sehr aufgeregt. Es gibt nur 50 feste Sitzplätze, die im sogenannten "Windhundverfahren" vergeben wurden, also einfach nach der Schnelligkeit der Anmeldung. Ich bin fassungslos, denn ich bin tatsächlich dabei. Aber es gibt Proteste. Vor allem beschweren sich türkische Medien und sie haben Recht. Acht der NSU-Opfer sind türkeistämmig. Der Prozess weckt dort großes Interesse. Das Platzvergabeverfahren wird wiederholt. Dieses Mal werden die Journalisten ausgelost. Ich habe wieder Glück.
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Seit Jahren verfolge ich Anschläge, die auf Einwanderer zielen. Damals, 2004, als die Nagelbombe in der Kölner Keupstraße hochging, war ich auch sofort dort. Wir alle drängelten uns um die Polizei herum - und nur 24 Stunden später dann um den damaligen Bundesinnenminister Otto Schily, der ohne Wenn und Aber behauptete, es gäbe keinen terroristischen Hintergrund. Dabei haben die geschockten Anwohner auch uns Journalisten genau davon erzählen wollen. Von ihren Beobachtungen und von anderen Indizien, die zumindest die Möglichkeit eines rechtsgerichteten Attentats hätten nahe legen sollen.
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Als später, irgendwann in den Verhandlungen die Menschen aus der Keupstraße als Zeugen aussagen, schäme ich mich. Weil ich mich - obwohl der türkischen Sprache mächtig und somit mit besonderer Inneneinsicht - als Journalistin genau so wenig wie die Behörden für ihre damaligen Aussagen interessiert habe.
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Und der NSU-Prozess sollte mir weitere sehr unangenehme Erkenntnisse bescheren: Dass Deutschland damals wie heute ein massives Rechtsradikalismus-Problem hat. Dass Behörden aus vielen unterschiedlichen Gründen auf dem rechten Auge blind sind und bleiben wollen. Dass die Banalität des Bösen keine Episode aus der Vergangenheit ist, sondern dass sie sich immer wieder reproduziert.
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Wie im Fall der rechtsradikalen NSU-Zelle. Drei unauffällige junge Leute, ihre Helfer und Helfershelfer, die ein deutsches Spießerleben führen, mit Kuchenbacken für die Nachbarn und Campingurlauben. Und nicht zuletzt habe ich erfahren, dass Recht und Gerechtigkeit auch in einem deutschen Gerichtssaal weit auseinander liegen können.
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Alles Liebe, Ayca Tolun Journalistin
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#KeinSchlussstrich
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Enver Şimşek. Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Mehmet Turgut, İsmail Yaşar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşık, Halit Yozgat, Michèle Kiesewetter
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Der Prozess als gespenstische Groteske:
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Wie verteidigt man Beate Zschäpe?
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Heer, Stahl und Sturm | WDR Doku
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Die Filmemacherin Eva Müller hat die drei Anwälte im NSU-Prozess über die gesamte Prozessdauer von mehr als fünf Jahren begleitet. Herausgekommen ist eine einzigartige filmische Dokumentation.
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Fehler, die immer wieder passieren?
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Tödliche Versäumnisse?
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Ein rassistischer Attentäter tötet in Hanau neun Menschen. Die Politik verspricht lückenlose Aufklärung und besseren Schutz. Doch ein Jahr später sind immer noch viele Fragen offen. Recherchen von MONITOR und HR offenbaren eine Kette von Pannen, die möglicherweise Menschenleben kosteten.
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#saytheirnames
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Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar, Kaloyan Velkov, Gabriele Rathjen
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Taten, die immer wieder passieren?
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#Solingen93undich
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Gürsün İnce, Hatice Genç, Gülüstan Öztürk, Hülya Genç, Saime Genç
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Andere zeitgeschichtliche Hörspiele?
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Thema nächste Woche:
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