04. Februar 2022

Kino erzählen

Liebe Hörspielliebende,

wie aus meinen bisherigen Einlassungen an dieser Stelle vielleicht schon erahnbar war, ist mein Lebensweg nicht unbedingt ein Ergebnis gezielt geradliniger Gesamtplanung gewesen. Und so hätte ich auch nicht gedacht, zum heutigen Thema etwas schreiben zu können.

Das liegt an einem Kinder- und Jugendfreund von mir, nennen wir ihn Martin. Uns verband eine babyboomertypische Freundschaft: gemeinsame Grundschule, gemeinsamer Wechsel auf die weiterführende Schule, gemeinsames Training im Dorffußballverein. Eines allerdings trennte uns seit Erwerb der Lesekompetenz: seine Vorliebe für Karl May-Bücher und Western im Fernsehen und Kino, während ich Western im Allgemeinen und Karl May im Speziellen einfach nur doof fand. Und konnte er mich über stundenlange vorpubertäre Legohandgranatenschlachten im abgedunkelten Keller wenigstens noch zum gemeinsamen Schauen der damals unvermeidlichen Weltkrieg II-Verherrlichungs-Schmonzetten animieren (sonst auch nicht mein Lieblings-Metier), blieb ich beim Westerngenre hart. Was mir umso leichter fiel, da er die Filme nicht nur konsumierte, sondern auch nacherzählte. Nein, nachspielte nachgerade. Ausufernd. Episch. Endlos. Nervtötend... Trotzdem gelang es ihm auch damit nie, mir den Kern seiner Begeisterung nachvollziehbar zu machen.

Irgendwann haben wir uns aus den Augen verloren. Ich aber verdanke ihm den Schwur, mir niemals, wirklich niemals wieder Filme nacherzählen zu lassen. Entweder sieht man sie oder nicht. Fertig.

Wenn ich heute trotzdem "Rafael Sanchez erzählt 'Spiel mir das Lied vom Tod'" empfehle, liegt es daran, dass den Machern mit diesem Stück gelingt, was Martin verwehrt blieb: die Faszination für die Filmvorlage erfahrbar zu machen, ein liebevolles und gekonntes Spiel mit den Versatzstücken des Genres zu betreiben und das alles in eine Familiengeschichte zu verweben, die zeitgeschichtlich über sich hinausweist.

Viel Spaß beim Hören,
Thomas Leutzbach
WDR Hörspielregisseur und -dramaturg

Filmszene aus "Spiel mir das Lied vom Tod" – Duell

Rafael Sanchez erzählt "Spiel mir das Lied vom Tod"

Ein Junge wächst in einem spanischen Wüstendorf bei seinen Großeltern auf. Der Großvater ist Vorsitzender des Filmclubs dort und leidenschaftlicher Fan des Films "Spiel mir das Lied vom Tod". Irgendwann mischen sich Film und Realität.
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Eigener Soundtrack:

Starke Charaktere:

Unsere Stimmen: Anna Maria Mühe

Körperfresser

Daniel ist Wissenschaftler am Institut für Infektionsbiologie. Eines Tages erzählt ihm seine Kollegin Hannah, dass ihr Ehemann nicht mehr er selbst sei. Er sehe zwar noch aus wie "ihr" Franco, sei aber definitiv jemand anderes.
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Anders als der Film:

Illustration zum Hörspiel Vom Wind verweht - Die Prissy Edition. Person auf der linken Seite: Scarlett, Person auf der rechten Seite: Celeste.

Vom Wind verweht - Die Prissy Edition

Sie ist eine der bekanntesten, widersprüchlichsten und stärksten Frauenfiguren des 20. Jahrhunderts: Scarlett O'Hara. Heldin eines weltberühmten Romans und Films aus den 1930er Jahren. Wie kann ihre Geschichte heute erzählt werden? Trotz - und wegen - der rassistischen Abgründe des Stoffs, der Teil unseres popkulturellen Gedächtnisses ist.
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Kult-Filmerin:

Schwarz-weiß Poträtaufnahme von Doris Wishman alias Louis Silverman.

Satan Was a Lady

Doris Wishman hat in ihrer Karriere um die 30 Filme im Alleingang realisiert. Damit hat sie zwischen 1960 und 2002 mehr Filme gedreht als jede andere Regisseurin auf dieser Welt. Dennoch sind Feministinnen nicht wirklich glücklich mit ihr: denn Doris Wishman war die Queen of Sexploitation.
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Unverfilmt:

Schlechte Filme:

Schwarz-weiß Bild von der Schauspielerin Candice Rialson 1976.

Walk of Fame - Die wunderbare Welt der schlechten Filme

Pussy Stanton will nach oben, auf den "Walk of Fame", die legendäre Meile am Hollywood Boulevard. "Walk of Fame" heißt auch Pussys erster Film - eine Persiflage auf die Produktion eines B-Movies, dessen haarsträubende Drehbücher und erschwerte Drehbedingungen.
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Weg vom Film:

Thema nächste Woche:

Vater und Sohn stehen mit dem Rücken zur Kamera vor einem Sonnenuntergang.

Satellitenbilder deiner Kindheit

Der Vater legt seine Autobiografie vor. Der Sohn wundert sich. Denn der Vater ist kein erfolgreicher Mann, nicht im klassischen Sinn. Er lebt in einer Einzimmerwohnung, fährt einen 30 Jahre alten Ford Fiesta und sammelt Fallobst am Straßenrand. Außerdem bricht die Autobiografie mit der Geburt des Sohnes plötzlich ab.
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Briefkasten nur Liebesbriefe

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