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We Are Who We Are by Luca Guadagnino

Glotz und Gloria - Der COSMO Serien-Podcast

Serien-Podcast: "We Are Who We Are" und "Caïd" - wenn Filmer Serien machen

Stand: 19.03.2021, 00:00 Uhr

Ein eingefrorenes Bild, Zeitlupe oder Actionkameras - die beiden Serie "We Are Who We Are" und "Caïd" nutzen ungewöhnliche filmische Mittel. Das macht Spaß anzuschauen, aber sind auch die Geschichten gut erzählt?

Von Emily Thomey und Jörn Behr

"We Are Who We Are" und "Caïd" - wenn Filmer Serien machen

COSMO Glotz & Gloria 19.03.2021 58:42 Min. Verfügbar bis 18.03.2026 COSMO


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[03:10] Schlagzeilen

In der letzten Berlinale Spezial Folge hatten wir die Schauspielerin Banafshe Hourmazdi zu Gast, die fast nichts von ihrer neuen Serie erzählen durfte. Nicht einmal wie sie heißt. Jetzt ist es raus: "Loving Her" wird gerade noch gedreht und erscheint dann im Sommer bei ZDFneo.

[12:31] "We Are Who We Are"

Viele haben auf diese Serie gewartet. Allein die Ankündigung hat uns schon neugierig gemacht, weil der gefeierte Filmregisseur Luca Guadagnino sein Seriendebüt präsentiert. Mit dem Spielfilm "Call Me By Your Name" hat er 2017 viele Nominierungen und Preise eingesteckt. In seiner Serie erzählt er die Geschichten von US-amerikanischen Jugendlichen, die auf einer Militärbasis in Italien leben. Fraser ist neu hier. Gerade erst mit seinen beiden Müttern aus New York City angekommen, möchte er am liebsten direkt wieder zurück. Trotzdem findet er relativ schnell Anschluss an einer Clique und freundet sich vor allem mit Caitlin an. Gemeinsam spielen die beiden mit Gendercodes wie Bärten, lackierten Fingernägel, femininen oder maskulinen Frisuren. Sie suchen, wie letztlich alle Charaktere der Serie, nach ihrer Identität an einem surreal Ort voller strikter Regeln und Normen. Auch die Mutter von Caitlin oder ihr Vater (gespielt von dem Rapper Kid Cudi) sind nicht sicher, wo sie dazu gehören oder wer sie sein wollen.

Langsames Coming Of Age

Die Jugendlichen vertreiben sich ihre Zeit am Strand, bei einem Volksfest in der nächsten Stadt oder einer spontanen Partynacht in einem verlassenen Haus reicher Russen. Oberflächlich passiert erstmal gar nicht so viel, aber darunter wird viel verhandelt: Wer ist hier in wen verliebt? Ist es wichtig, ob man sich als männlich oder weiblich definiert? Und was passiert mit der großen Liebe, wenn man als Soldat ins nächste Kriegsgebiet geschickt wird? Passend zur generationsübergreifend Coming of Age Story passt der Soundtrack mit Frank Ocean, Blood Orange, aber auch Klaus Nomi oder den Rolling Stones. Mit einer eindeutig künstlerischen Handschrift lässt Luca Guadagnino seine Bilder und die Blicke der Schauspieler*innen sprechen, verzichtet auf zu viele Worte - was so viel mehr sagt.

[41:31] "Caïd"

Eine wackelige Actionkamera wird im Auto auf Hüfthöhe eingeschaltet. Die beiden Filmemacher Franck und Thomas sind auf dem Weg in die südfranzösische Banlieue, um dort ein Musikvideo eines Rappers namens Tony zu drehen. Das Plattenlabel hat Tony durch seinen viralen Hit gefunden und will nun krasse Bilder von der Straße, denn hauptberuflich ist er Dealer oder "Caïd", wie es im Slang der Gegend heißt. Die beiden naiven Filmer realisieren erst bei der ersten Schießerei, dass sie mitten in einen Drogengangstreit geraten sind. Aber vor allem Franck wittert eine Karrierechance. In der Art eines "Kriegsreporters" wird er hier Szenen drehen können wie kaum ein anderer - Hauptsache die Kameras immer laufen lassen. Und tatsächlich wird Tony auch als Patron des Viertels gezeigt, der hilfsbedürftige Familien unterstützt, auch mal die Einkaufstaschen der Mutter seines besten Freundes heimträgt oder von seiner Schwester angemahnt, nicht den kleinen Kylian, seinen Neffen mit in das brutale Geschäft der Straße zu ziehen.

Im Found Footage Stil

Der Found Footage Stil, das pseudodokumentarische der Serie erinnert an Filme wie Blair Witch Project oder Paranormal Activity und macht die Serie so interessant, auch weil nicht nur die beiden Filmemacher drehen. Sie drücken den Dealer an den Ecken Kameras in die Hände, ein Kind oder Tony selbst laufen mit Kameras bestückt durch den verwinkelten Block, schließen Deals ab oder fliehen vor der korrupten Polizei. Fast atmenlos geschnitten rast die Serie durch zehn Folgen in nur knapp 100 Minuten und man kann nicht aufhören hinzuschauen. Auch wenn schon von der ersten Sekunde an klar ist: Das kann nicht gut gehen. 

Wo:

"We Are Who We Are" läuft bei Starzplay, "Caïd" bei Netflix.

Kontakt zu Jörn und Emily:

Facebook.com/cosmo_ard
E-Mail: glotzundgloria@wdr.de
Whatsapp: 0172 5678 566