Live hören
WDRcosmo - COSMO mit Shanli Anwar
Fredda: "Phosphène"

Fredda: "Phosphène"

Chansons für Mata Hari, Marilyn Monroe & Co

Stand: 12.05.2023, 12:26 Uhr

Die französische Musikerin Fredda macht die schönsten und sinnlichsten Chansons weit und breit. Jedes ihrer Alben ist ein Abenteuer - sowohl thematisch als auch musikalisch. Auf "Phosphène" hat sie sich von legendären Frauenfiguren inspirieren lassen.

Von Anna-Bianca Krause

Fredérique Dastrevigne - Künstlername Fredda - ist eine der interessantesten Persönlichkeiten im französischen Chanson und kombiniert schon lange elegante Chanson-Traditionen mit ihrer Leidenschaft für US-amerikanischen Blues, Folk, Pop, ja sogar Country. Seit die Sängerin, Gitarristin und Songautorin mit der sentimental-sinnlichen Stimme 2007 ihr erstes Soloalbum veröffentlichte, hat sie ihren persönlichen Stil immer weiterentwickelt und eine Art Markenzeichen daraus gemacht.

Zurück zu den Anfängen

Auch für ihr siebtes Album hat sich die 53-Jährige wieder ein neues Abenteuer gesucht. Statt die Songs in ihrem - wie sie es nennt - Ton-Laboratorium aufzunehmen, hat sie vier Tage mit der Band des französischen Indie-Chansonsängers Matt Low in einen zum Studio umgebauten Bauernhof in Clermont-Ferrand verbracht. Tagsüber entwickelten sie gemeinsam die Musik, abends und nachts saß sie in ihrem Hotelzimmer und hat die Songtexte geschrieben, die dadurch auch weniger intim geworden sind als auf dem Vorgängeralbum "Bisolaire". Der prägnante Gitarren-Schlagzeug-Sound und teilweise auch ein schnelleres Tempo - das sind Neuzugänge in den Chansons von Fredda, die bislang eher für ruhige, atmosphärische Songs bekannt war. Die 15 bis 20 Jahre jüngeren Musiker und die eher spontanen Aufnahmen haben aber nicht nur die Musik verändert, sondern auch ihren Gesang. Fredda fühlte sich beim Singen freier und an ihre Anfänge erinnert, als sie sehr viel jünger live mit Rockbands gesungen hat.

Optische Phänomene

Album Nr. 6 war ein Bekenntnis. Fredda thematisierte 2020, wenn auch auf die ihr eigene sehr poetische und metaphernreiche Art, auf "Bisolaire" ihre Bipolarität. Albumtitel Nr. 7 entstand in einer Regennacht. Phosphene sind ein optisches Phänomen, das auftritt, wenn man Licht sieht, ohne dass Licht in das Auge gelangt. Die Künstlerin war mit dem Auto unterwegs, als sie diese Phosphene erlebt hat, also lauter kleine Lichtblitze in ihren Augen. Und weil die Chansons so ähnlich spontan und unerwartet zu ihr gekommen sind, benannte sie das Album nach diesem Erlebnis. Diese Faszination für die Natur taucht immer wieder in ihren Songs auf, mehr noch: Fredda nennt sich selbst eine "militante Umweltschützerin". "Vent diable" - übersetzt: Teufelswind - hat sie beispielsweise geschrieben, als sie in der Karibik einen Zyklon erlebt hat und sah, wie die Natur sich alles zurückerobert.

Mata Hari, Marilyn & Co

Der Blick in die Chansontexte zeigt: Es geht diesmal seltener nach innen als nach außen. Fredda besingt legendäre Frauenfiguren, wie die indische Mystikerin und Poetin Mirabai oder Mata Hari. Sie lebt in der Nähe von Vincennes, wo die legendäre Stripteasetänzerin und Spionin hingerichtet worden ist. Im Chanson "Aube" (übersetzt: Morgendämmerung) wollte Fredda den Moment einfangen, an dem sie erschossen wurde, einen Moment, von dem sie sagt, dass er ein ganzes Leben einfängt. Und in "Nordique Ophelique" hat sie Shakespears Hamlet ins Packeis verlegt und singt mit virtuellen Stimmen im Chor.

Uptempo- und Downtempo-Chansons wechseln sich auf "Phosphène" ab. Hörbar, dass da am Ende dann doch noch eine sehr persönlich geprägte Postproduktion im eigenen Homestudio stattgefunden hat. Fredda, die als junge Frau auch Tontechnikerin gelernt hat, arbeitet zwar gerne mit Kollegen zusammen, die Sound-Regie bleibt aber in ihrer Hand und sorgt durch alle Alben hindurch für den typischen, jederzeit wiedererkennbaren Stil der Künstlerin. Auch in der einzigen Coverversion, einer französischen Adaptation des Songs "One Silver dollar", den Marilyn Monroe im Film "River of no return" gesungen hat.