
Global Pop News 14.12.2022
Malonda übernimmt die "Deutschungshoheit"
Stand: 14.12.2022, 09:53 Uhr
Song über das Aufwachsen als Afrodeutsche | PEN Berlin: Ehrenmitgliedschaft für iranische Rapper | "Glory To Hongkong" bleibt auf Google | Lizzo wehrt sich gegen Vorwurf einer "white audience" | Unsere News aus der Welt des Global Pop
Von Lukasz Tomaszewski & Anna Kravcikova
Malonda übernimmt die "Deutschungshoheit"
Im Song geht's um den Heimatbegriff und Rassismuserfahrungen als afrodeutsche Person. Der neue Song ist eine Auseinandersetzung mit Deutschland. Dem Land, wo Malonda geboren und aufgewachsen ist, erzählt sie im COSMO-Interview: "Aber dieses Land zeigt mir immer wieder, dass es mich nicht will oder es tut auch gänzlich so, als gäbe es mich nicht. Und deshalb breche ich jetzt aus dieser toxischen Beziehung jetzt aus und ich wehre mich mit diesem Song. Das mache ich als Teil einer Community und als Tochter einer Kongolesin und eines Sudanesen. Und gemeinsam mit meinen Feature-Gästen Roger Rekless und der Sängerin Melane, die auch kongolesische Wurzeln haben". Der Songtext ist auch eine Antwort auf die Beschwichtigungen von "Biodeutschen", die Alltagsrassismus und Racial Profiling abstreiten.
Orte kolonialer Schande
Malonda und ihre Freund:innen begeben sich im Video an unterschiedliche Orte in Berlin: Zum einen an Schauplätze Schwarzen Widerstands. Zum anderen an Orte, die einen kolonialen Bezug haben. Für viele Afrodeutsche sind das Orte, die mit Schmerze verbunden sind. Für die Stadtverwaltung sollten sie eigentlich Orte der Schade sein: Denkmäler, U-Bahn-Stationen und Straßen, die an die koloniale Vergangenheit Deutschlands erinnern und ein überkommenes historisches Narrativ reproduzieren. Mit dem Besuch dieser Orte im Video wollen Malonda und ihre Freund:innen an den Schwarzen Widerstand erinnern, spielerisch ein Zeichen setzen, sich diese Orte wieder aneignen. Das tun sie mit einer Schubkarre voller Bananen. Und dabei wurden sie von der Berliner Polizei kontrolliert, sagt Malonda: "Weil es ja grundsätzlich nicht normal sei, dass ich eine Schubkarre Bananen am Ku-Damm spazieren fahre". Glücklicherweise wurde die Szene mit der Kamera festgehalten und ist jetzt Teil des Videos. Wenn sich der Songtext so direkt bewahrheitet, muss was dran sein.
PEN Berlin: Ehrenmitgliedschaft für iranische Rapper
Vergangene Woche erst wurde der iranische Rapper Mohsen Shekari nach einem Schauprozess hingerichtet. Das Vergehen "Feindschaft gegen Gott". Zwei weiteren Rappern droht die Todesstrafe. Saman Yasin und Toomaj. Jetzt hat die Schriftstellervereinigung "PEN Berlin" die beiden Rapper zu Ehrenmitgliedern erklärt. Der PEN Berlin warnt in einer Pressemitteilung das Mullah-Regime vor einer Hinrichtung der beiden Rapper Saman Yasin und Toomaj. Als Zeichen der Solidarität wurde ihnen jetzt die Ehrenmitgliedschaft verliehen. Beide Rapper sind für ihre regimekritischen Texte bekannt und sitzen bereits seit Oktober in Haft. Saman Yasin wurde in einem Schauprozess zum Tode verurteilt. Beide sind schwerster Folter ausgesetzt. "Wir fordern die Islamische Republik Iran auf, die Todesstrafe im Falle Yasins auszusetzen, und die Anklage gegen Toomaj Salehi fallen zu lassen- auch ihm droht im Zweifel die Todesstrafe." – heißt es in dem gestern Abend veröffentlichten Text.
Bundesregierung soll sich einzusetzen
"'Feindschaft gegen Gott' und 'Verdorbenheit auf Erden' sind Anklagen, wegen denen im 21. Jahrhundert keine Menschen mehr sterben dürfen" schreibt PEN Berlin und fordern das Engagement der Bundesregierung. Als Rapper arbeiten die beiden mit dem Wort. Wegen ihres freien Wortes ist ihr Leben bedroht. Sie sind unsere Kollegen, heißt es im Text. PEN Deutschland ist die traditionsreiche Schriftstellervereinigung. Das Kürzel steht für "Poets, Essayists, Novelists2. Der ehemalige Präsident Deniz Yücel, für seine Arbeit als Journalist selbst lange in der Türkei inhaftiert - hat mit anderen 500 progressiven Mitstreitern den PEN-Berlin gegründet. Die Mitglieder sind jünger, weiblicher, migrantischer, politisch aktiver und mehr in den Sozialen Netzwerken unterwegs.
"Glory To Hongkong" bleibt auf Google
Um die Protest Hymne der Demokratiebewegung "Glory To Hongkong" gibt es seit Monaten Streit. Jetzt hat die Peking-treue Regierung in Hongkong Google dazu aufgefordert, den Song zu löschen. Ohne Erfolg. Der Song "Glory to Hong Kong" taucht ganz oben in der Suchmaschine auf, wenn man nach "Hong Kong Anthem" bei Google sucht. Sicherheitssekretär Chris Tang wollte, dass Google die Suche manipuliert, sodass als Ergebnis die chinesische Hymne "March of the Volunteers" erscheint. Google lehnt das ab. Die Begründung: die Ergebnisse werden von einem Algorithmus und nicht von Menschen generiert. Tang erwidert: "Wir bedauern das sehr, und das verletzt die Gefühle der Bevölkerung von Hongkong."
Keine Internet-Zensur wie in China
Damit fordert die Peking-treue Regierung in Hongkong also Internet-Zensur. Das, was in Festlandchina ganz normal ist. Hongkong wird ja offiziell nach dem Leitsatz: "Ein Land, zwei Systeme" regiert. Peking hat das natürlich spätestens mit der Niederschlagung der Demokratiebewegung einseitig aufgehoben. Der Protestsong stammt aus dem Jahr 2019. Es ist die Hymne der Demokratiebewegung und Peking natürlich ein Dorn im Auge. Offiziell zwar nicht verboten, aber Menschen, die den Song öffentlich gesungen oder gespielt haben, wurden doch immer wieder verhaftet. Der Komponist ist ein anonymer Musiker Mitte 20, der nur unter seinem Pseudonym bekannt ist. Im offiziellen Musikvideo sind die Musiker:innen maskiert, um sich selbst vor Verfolgung zu schützen.
Lizzo wehrt sich gegen Vorwurf einer "white audience"
US-Popstar Lizzo wird immer wieder mit dem Vorwurf konfrontiert, sie würde "Musik für Weiße Menschen" machen. Mehrmals hat sie sich schon in Interviews gegen den Vorwurf gewehrt. Jetzt gibt sie in der Kult-Talkshow von Howard Stern ein neues Statement ab. Sie fühle sich unverstanden von Leuten, die ihr so etwas vorwerfen. Sie sagt: "Es ist sehr verletzend, denn ich bin eine schwarze Frau. Ich habe das Gefühl, dass es meine Identität und das, was ich bin, wirklich herausfordert".
Der Vorwurf sei die schlimmste Kritik, die sie je bekommen habe. Und in ihren Augen auch völlig unbegründet: "Ich mache funkige, soulige Feelgood-Musik – sehr ähnlich, wie Black Music aus den 70er und 80er Jahren. Meine Musik ist für alle da." Sie schließt ab mit den Worten, dass sie nicht nochmal über dieses Thema reden möchte – und verweist auf ihre neue HBO-Doku "Love, Lizzo" – darin würden die Leute sehen, wer sie wirklich ist.