
"Black Classical Music" - London Jazz Explosion
Stand: 24.09.2023, 00:00 Uhr
Yussef Dayes ist ein Star im jungen UK Jazz, gefeiert für sein virtuoses Drumming, das von Intensität und Emotion lebt. Auf seinem Solo-Debüt "Black Classical Music" verbindet er eine liebevolle Hommage an seine Familie und die Heimatstadt London mit ihren globalen Einflüssen.
Von Johannes Wolff
Seit einigen Jahren ist die englische Hauptstadt London das Zentrum einer boomenden Jazz-Szene. Junge, talentierte Künstlerinnen und Künstler erweitern Jazz mit HipHop, Afrobeat und Sounds aus der ganzen Welt. Damit verspassen sie dem Stil ein modernes Update. Ganz vorne mit dabei ist Yussef Dayes. Der 30-jährige Schlagzeuger ist bekannt für seine versierten Skills und mitreißende Shows. Über die Jahre hat er sich zum der Helden der Szene entwickelt. 2016 hat er sich mit Kamaal Williams zu Yussef Kamaal zusammengetan und ein Album aufgenommen, das Kultstatus in der Szene genießt. Gemeinsam mit Gitarrist Tom Misch hat er 2020 das Album "What Kinda Music" auf dem renommierten Jazz-Label Blue Note Records rausgebracht. Jetzt hat sein Solo-Debütalbum "Black Classical Music" rausgebracht.
Grenzenloser Jazz-Sound
Aufgewachsen ist Yussef Dayes in Südost-London als Sohn eines jamaikanischen Bassisten und einer britischen Grundschul- und Yogalehrerin. In dem hochmusikalischen Haushalt spielte Yussef von früh auf mit seinen Brüdern in einer Band zusammen. Sein Solo-Debüt ist eine rührende Hommage an seine Familie und die Musik geworden, die seit seiner Kindheit inspiriert hat.
"Bei uns zuhause lief früher Tracy Chapman, Sade, Herbie Hancock oder Donnie Hathaway. Anstatt diese Musik in Genres einzuteilen, habe ich viele Gemeinsamkeiten entdeckt im Feeling, im Soul und Groove dieser Musik." Yussef Dayes
Daran angelehnt hat er sein Debütalbum "Black Classical Music" genannt. Damit beschwört er auch die großen Ikonen des Jazz.
"Miles Davis, Rahsaan Roland Kirk oder Nina Simone haben ihre Musik bewusst 'schwarze klassische Musik' genannt. Sie haben zeitlose Meisterwerke geschaffen. Und es ging ihnen stets darum ihre Musik weiterzuentwickeln. Die Grenzen des Jazz zu pushen. Und daran will ich mit meiner Musik anknüpfen." Yussef Dayes
Schmelztiegel London
Von Afro-Cuban Jazz über Funk hin zu R&B und Dub - auf insgesamt 19 Tracks erkundet Yussef Dayes die Verbindungen afrodiasporischer Musiken. Dabei entstaubt er den Jazz und führt ihn mit karibischen, südamerikanischen und westafrikanischen Einflüssen in die Zukunft. Mühelos verwebt er globale Einflüsse mit aktuellen Sounds aus seiner Heimatstadt London - und vereint sie in neuen Grooves mithilfe von kongenialen Features. Mit Reggae-Star Chronixx erforscht er in "Pon Di Plaza" seine jamaikanischen Wurzeln. Er fängt gelöste Improvisationsmomente mit US-Sänger Masego ein in "Marching Band". Mit seinem langjährigen Weggefährten Tom Misch präsentiert er in "Rust" experimentellen Fusion-Sound, der an Jaco Pastorius erinnert. Das Album ist auch eine Liebeserklärung an den Melting Pot London, für die Yussef Dayes die erste Liga der aktuellen Londoner Jazz-Szene eingeladen hat. Größen wie Sheila Maurice-Gray, Shabaka Hutchings, Nathaniel Cross und Theon Cross sind als Features auf dem Album vertreten.
The Yussef Dayes Experience
Für sein Solo-Debüt kann sich Yussef Dayes auf seine eingespielte Band verlassen: The Yussef Dayes Experience. Als Teil der Rhythmussektion wird er von Bassist Rocco Palladino begleitet. Charlie Stacy am Keyboard ist ein weiterer Eckpfeiler der Kombo. Dazu kommen Saxophonist Venna und Perkussionist Alexander Bourt. Gemeinsam veredeln sie Dayes filigrane Drum-Licks zu eindringlichen Grooves und Vibes. Dabei gelingt es Dayes stets den richtigen Moment zu finden, um seine versierten Skills aufblitzen zu lassen und sich im nächsten Augenblick bewusst zurückzunehmen, sein Spiel zu reduzieren und für Atmosphäre zu sorgen – etwa auf dem sinnlichen "Woman’s Touch" mit Sängerin Jamilah Berry. In "Tioga Pass" werden sie beflügelt von gefühlvollen Streichersätzen des Chineke! Orchestra, dem ersten professionellen Orchester in Europa, das sich mehrheitlich aus Schwarzen und kulturell diversen Musikern zusammensetzt.
Family First
Das Album hat Yussef Dayes seiner Familie gewidmet. Auf zärtliche Weise gedenkt er ihnen auf "Black Classical Music". In "The Light" zelebriert er mit sanften Harfen-Melodien die Geburt seiner Tocher Bahia. Dayes Mutter, sein Vater und seine Tochter sind auf dem Album zu hören, mit intimen Aufnahmen aus dem Haus seiner Kindheit, das von seinem Vater gebaut wurde. Damit hält er die Erinnerung an seine verstorbene Mutter lebendig.
"Meine Mutter ist 2015 verstorben. Ich hatte das Gefühl, dass es der richtige Moment war, sie zu ehren. Es war mir wichtig, meine Familie in meine Kunst miteinzubeziehen und ein Vermächtnis zu schaffen." Yussef Dayes