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Peter Fox: "Love Songs"

Peter Fox: "Love Songs"

Liebe als Gegengift

Stand: 28.05.2023, 00:01 Uhr

Peter Fox ist zurück. In einer Zeit gesellschaftlicher Krisen serviert er uns "Love Songs": Ein musikalisches Gegengift aus Freundlichkeit, Poesie und den freshesten Beats der Republik. 

Von Adrian Nowak

Peter Fox: "Love Songs"

COSMO Album der Woche 29.05.2023 02:43 Min. Verfügbar bis 27.05.2024 COSMO


Das Comeback von Peter Fox beginnt euphorisch, aber auch etwas holprig. Als mit "Zukunft Pink" im Herbst 2022  nach 14 Jahren wieder ein Stück als Solokünstler erscheint, gab es viel Lob  - und harsche Kritik. "Zukunft Pink" hat einen Amapiano-Beat, und dessen südafrikanische Herkunft ist der Anlass für eine Debatte über kulturelle Aneignung. Der Journalist Malcolm Ohanwe und andere Mitglieder der Black Community kritisierten Peter Fox, der wiederum traf sich mit ihnen zu einer Diskussionsrunde.

Dabei malt Fox in  "Zukunft Pink" eine bessere Welt. Er träumt von bezahlbarem Wohnraum in der City und positioniert sich gegen Rassismus und Homophobie : "schwarz, weiß, straight, gay / Liebe für alle und für mich selbst." Er disst Elon Musk und fordert "Tax Me Now", inspiriert von der gleichnamigen Bewegung reicher US-Amerikaner, die Steuerschlupflöcher für Besserverdienende kritisieren.

Liebe für alle

Peter Fox‘ liebevollen Optimismus können wir in Zeiten von Krieg, Umweltzerstörung und Populismus gut gebrauchen. Seine "Love Songs" handeln nicht nur von romantischer Liebe, sondern auch von Nächstenliebe. "Weiße Fahnen" ist eine sympathische Ode aufs Nachgeben, ein Plädoyer für mehr Gelassenheit und Kompromissbereitschaft. "Wir spar'n die Energie für 'n Kampf, der sich lohnt / Hier gibt es keinen Sieg, nur ein'n Toast auf die Kapitulation".  Liebe statt Endlosdebatten.

In "Ein Auge Blau" singt Peter Fox, dass es okay ist, nicht perfekt zu sein und auf dem herrlich poppigen Dancehall-Song "Disney" mischt er Liebesschwüre mit einem ironischen Blick auf Verschwörungstheorien.  "Gegengift" ist schließlich der böse Zwilling von "Zukunft Pink". In einer dystopischen Zukunftsvision bricht die gesellschaftliche Ordnung zusammen und Peter Fox verschanzt sich in seiner Wohnung, während draußen die Welt untergeht.

Auf die Apokalypse folgt ein Trip in die Toskana. Auf einem Reggae-HipHop-Hybrid mit Mafia-Mandoline schwärmt Peter Fox von der Dolce Vita, als Stargast schaut Adriano Celentano vorbei und bereichert "Toscana Fanboys" mit einem heiseren Gastpart. Was für ein Ritt.

Crazy Kraut Beats

Aber eben so viel Liebe wie den Texten widmen Peter Fox und sein Producer-Team The Krauts dem Sound der "Love Songs". Sie legen Fährten um  Pop, Dancehall, HipHop, Gospel, Soul und im Interlude "Dawn of the dawn" mischt sich Jersey Club mit epischen Streichern. Doch genau diese Streicher, die auf Fox‘ Debütalbum "Stadtaffe" noch allgegenwärtig waren, treten auf "Love Songs" in den Hintergrund. Nur das verträumte "Kein Regen in Dubai" erinnert noch ein wenig den Sound von Peter Fox im Jahr 2008.

Stattdessen zeigt "Love Songs" ein Ohr fürs Detail. Immer wieder macht das Album musikalische Schlenker, die so gar nicht zu einer Hochglanz-Pop-Platte passen:  Auf "Disney" singt Fox : "Die tun was ins Wasser" während im Beat rhythmisches Wassertropfen zu hören ist. Auf "Vergessen wie" sinniert Peter Fox darüber, wie er verlernt hat, zu feiern und im Beat verdeutlicht er das mit dem Geräusch eines Schluckaufs. Aber mitten im Stück gibt es einen Backspin und er springt wieder in den Club: Der Beat wird doppelt so schnell und klingt fast wie "Ding" von Fox‘ Hauptband SEEED. Einen überraschenden Wechsel gibt es auch bei "Celebration", das von Neo Soul zu Gospel-Turnup mutiert.

Anstelle einer hochpolierten Produktion entscheiden Peter Fox und die Krauts sich für eine klare Leichtigkeit, die sich abhebt von der grauen Großstadt, die Fox noch auf "Stadtaffe" beschwor. Die leichtfüßigen "Love Songs" seines neuen Albums sind Gegengift zu erbitterten Debatten: freundlich, poetisch und hoffnungsvoll.