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Morgan Heritage: "The Homeland"

Morgan Heritage: "The Homeland"

Afrobeats statt Offbeat

Stand: 01.05.2023, 00:01 Uhr

Die zweifachen Grammy-Preisträger Morgan Heritage betreten nach fast 30 Jahren Reggae-Bandgeschichte neues Terrain.  Das Album ist von afrikanischen Rhythmen und Stilen inspiriert, klassischen Reggae gibt es nur noch am Rande.

Von Vincent Lindig

Fünf Geschwister gründeten 1994 in New York die Reggae-Band Morgan Heritage: Peetah, Gramps, Mr. Mojo, Una und Lukes. Sie sind nur fünf von 30 Kindern, die ihr Vater Denroy Morgan gezeugt hat. Denroy wurde in Jamaika geboren, zog als junger Mann aber in die USA und ließ sich in New York nieder. Er war selber Musiker und in den 70er Jahren erfolgreich mit seiner Reggae/Funkband Black Eagles unterwegs. Seinen Kindern gab er das musikalische Talent auf den Weg und ermutigte sie alle, ebenfalls Karrieren im Musikgeschäft anzustreben. Morgan Heritage stellte sich als erfolgreichstes Projekt dieser Familienbande heraus – und prägt bis heute die Reggae-Szene. Auf "The Homeland" hört man die drei Brüder Mr. Mojo, Gramps und Peetah, die die aktuelle Besetzung von Morgan Heritage darstellen, allerdings in völlig neuem Gewand.

Morgan Heritage: "The Homeland"

COSMO 01.05.2023 02:39 Min. Verfügbar bis 30.04.2024 COSMO


Begegnung mit einer Musikikone Afrikas

"The Homeland" ist das Ergebnis eines langen Schaffensprozesses, der auf eine Begegnung mit dem senegalesischen Starsänger Youssou N´Dour im Jahr 2009 zurückgeht. Morgan Heritage und er arbeiteten für einen Song auf seinem Album "Dakar – Kingston" zusammen. "Die Idee zu diesem Album ist vor dreizehnJahren entstanden", erzählt Mr. Mojo. "2009 haben wir einen Song mit Youssou N´Dour aufgenommen. Und er hat uns gesagt, dass wir das für die neue Generation sind, was Bob Marley für seine Generation in Afrika war. Wir sind viel auf dem Kontinent gereist, haben Verbindungen geknüpft, Freunde gefunden und so viel Talent entdeckt. Und hier sind wir mit diesem Album, 13 Jahre später". Nur konsequent, dass der titelgebende Song des Albums ein Feature mit Youssou N´Dour ist, auf dem Morgan Heritage sich weit auf den Mbalax-Erfinder zu bewegen. Ein Beweis dafür, wie wandlungsfähig die Band ist – auch, wenn dabei ein bisschen zu viel Pomp aufgefahren wird. 

Heimat zwischen den Kontinenten

"Der Titel des Albums, 'The Homeland', ist eine Ode an unsere Vorfahren in Afrika und unsere Eltern aus Jamaika", sagt Peetah. "Wenn wir also 'Heimat' sagen, meinen wir beides damit. Das ist unser Erbe, unsere DNA. Es geht uns um die Vereinigung der Musik, darum, afrikanische und jamaikanische Musik zusammenzubringen". Für die Aufnahmen des Albums sind Morgan Heritage über den ganzen Kontinent gereist, ihre Basis haben sie in Ghana und Kenia aufgeschlagen. Auf den einundzwanzig Songs des Albums sammeln Morgan Heritage fast 40 Features – und spannen dabei eine Brücke, die die afrikanische Diaspora in aller Welt verbinden soll.

Stars und Newcomer als Gäste

Auf "The Homeland" finden sich Größen der jamaikanischen Musik wie Shaggy, Popcaan oder auch Gentleman und Stars des afrikanischen Kontinents wie Stonebwoy, Shatta Wale oder Yossou N´Dur auf Songs mit Newcomern aus Äthiopien, den USA, Südafrika oder Ghana. Und auch sprachlich und musikalisch bietet "The Homeland2 eine seltene Vielfalt: Wolof und Suaheli treffen auf jamaikanisches Patois. Afrobeats aus Westafrika auf die kreisenden Gitarren der Kongo-Region. Oldschool-Fans dürfen aber beruhigt sein: Morgan Heritage haben sich nicht für immer vom Reggae verabschiedet, wie Peetah versichert: "Reggae ist unsere Seele und unser Leben. Wir sind Reggae. Aber uns ging es darum, der Welt zu zeigen, dass wir mehr als das sind. Wir wollten, dass die Menschen uns einfach als Künstler sehen, die nicht nur diesem Genre zugeordnet sind. Und es bedeutet uns so viel, Teil der afrikanischen Musik zu sein, weil das die Essenz unserer DNA ist. Wir wissen, dass der Ursprung von Reggae in Afrika liegt. Das wollten wir würdigen und ein wirklich afrikanisch geprägtes Album machen, um der Welt zu zeigen, dass Morgan Heritage mehr als Reggae ist".

Liebe und Distanz

Die Mitglieder von Morgan Heritage stammen aus einer Familie mit 30 Kindern – wenig erstaunlich, dass sie selbst auch viele Kinder haben. Gründungsmitglied Gramps hat zum Beispiel elf Kinder. Gar nicht so leicht, das Leben als Reggae-Superstar mit der Rolle eines Familienvaters zu verbinden, schon gar nicht, wenn man für ein Projekt wie "The Homeland" zwischen den Kontinenten pendelt. Solche tiefgehenden, persönlichen Themen behandelt die Band auf Songs wie "I´ll be There" featuring Popcaan und Mádé Kuti, wie Mr. Mojo erzählt: "'I´ll Be there' ist ein Song, der trösten soll. Wir sind so viel auf Tour und Reisen - und manchmal ist das schwierig: Man kann nicht da sein, wenn eine Person dich in einer dunklen Stunde braucht, oder man kann einen wunderbaren Moment nicht teilen. Aber – wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Dieser Song ist also wie ein Versprechen: Egal was passiert, egal wie weit ich weg bin – ich werde immer für dich da sein“.

Liebe, Familie, Verbundenheit und Positivität sind weitere zentrale Themen auf dem Album – und, wie auf "Who de Like U" mit dem ghanaischen Star Stonebwoy und Dancehall-Veteran Bounty Killa – Empowerment von Frauen. "'Who de like u'" soll alle Frauen feiern und ermutigen", erzählt Peetah. "Sie sollen in den Spiegel schauen und sagen: Wer ist wie ich da draußen? Darum geht es in dem Song. Wer ist so schön wie du, wer hat so eine Ausstrahlung? Manche Frauen und Männer haben ein niedriges Selbstbewusstsein, sie schauen in den Spiegel und sind unglücklich mit sich selbst. Aber der Song soll ihnen ein Signal senden und sie wissen lassen: Es gibt niemanden, der so ist, wie du".