Es ist schön in London aufzuwachsen, aber es kann auch alles schnell sehr ernst werden. Deswegen musst du schon in deiner Jugend immer auf der Hut sein. Dré Six
Das Leben in London ist nicht immer einfach. Der 28-jährige Dré Six wuchs in Ost-London auf, erlebte dort auch die Schattenseiten der Metropole und sah wie Drogenhandel oder Drogenkonsum das Leben seiner Freunde und Nachbarn prägte.
Trap Sheeran
Seine Ausflucht: Musik. Aber während seine Homies auf dem Schulhof zu Grime-Beats spitten, entdeckt er als Teenager die Gitarre seiner Schwester. Er nimmt Unterricht, übt parallel mit Video-Tutorials und schreibt erste Songs. Das besondere: Bei Dré Six trifft klassisches Pop-Songwriting auf authentische Straßengeschichten aus der Trap. Kein Wunder, dass seine Freunde ihn zum Spaß Trap Sheeran nennen.
Bei einer Writing-Session trifft er Fizzle und Fiji-Kris von KitschKrieg. Nachdem die Berliner in Deutschland alles abgeräumt haben, wollen die Producer nun international durchstarten. Auf ihren Producer-Alben "German Engineering" 1 & 2 arbeiten sie unter anderem mit Trap-Gott Future oder der britischen Dancehall-Queen Stefflon Don.
Kongeniale Kollabo
Die Chemie bei der ersten Session stimmt, die minimalen Beats von KitschKrieg lassen genügend Raum für das ausgefeilte Songwriting von Dré, außerdem haben beide eine Vorliebe für eine reduzierte Bildsprache, denn auch Dré Six hat einige Musikvideos in schwarz-weiß gedreht. Schnell ist klar – ein Song reicht nicht, ein ganzes Album muss her, dass die vielen Facetten von Dré Six stimmungsvoll in Szene setzt.
Liebe und Hustle
Dré Six erzählt auf "London's Calling" romantische Geschichten wie "Bestie", in dem er eine Art Situationship beschreibt und mit seiner Partnerin in Westlondon shoppen geht. Einige Texte sind auch doppeldeutig und erst bei mehrmaligem Hören erschließen sich die unterschiedlichen Bedeutungsebenen. "Mad About You" kommt als Herzschmerz-Ballade daher, es könnten aber auch die Gedanken eines Junkies im Entzug sein: "Do I still think about you / The truth is I still do / And I can't lie to you”. "
Dressed In White" klingt wie ein Lied über eine Beziehung - oder geht es vielleicht um den Einstieg in der Drogenhandel? "I can’t forget the first time we met / I was in the backstreet / You was with some olders on my block”. Später schwänzt Dré Six die Schule wegen seiner neuen Bekanntschaft, seine Schulnoten sacken ab, die Geldstapel werden aber immer größer. Seine Mutti darf diese Frau aber nicht kennenlernen.
Gitarrenverbot
KitschKrieg zaubern zu den romantisch-düsteren Trap-Geschichten ein abwechslungsreiches musikalisches Bett, denn "London's Calling" verarbeitet die reichhaltige Musikkultur Großbritanniens, die von Einwanderern aus der Karibik und Afrika geprägt ist und regelmäßig neue Blüten treibt. Drum'n'Bass, Grime, Garage, Reggae - you name it. Und um dem Album eine eigene Note zu verleihen musste Dré Six seine Gitarre Zuhause lassen. Denn auch wenn die meisten Songs auf einer Gitarre geschrieben wurden, konstruierten KitschKrieg die musikalische Begleitung komplett neu, mit ihren typischen getupften Synthies, zischelnden Shakern und Beats zwischen House, Breakbeats, Trap - oder manchmal auch einfach komplett ohne.
In "Dressed In White" hören wir in den Strophen gar keine Drums, dafür bollert im Refrain ein wilder Drum'n'Bass-Beat aus den Speakern. Die Ausnahme vom clubbigen Sound ist "Mad About You", denn das Stück arbeitet mit einem Synthie-Sound, der ein wenig an eine Gitarre erinnert, allerdings bearbeitet mit seltsamen Effekten, die so wirken als würde Dré Six in einer Tropfsteinhöhle oder Unterwasser spielen.
