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Sergej Prokofjew - Konzert Nr. 2 g-Moll für Violine und Orchester op. 63

WDR Sinfonieorchester Video 07.07.2021 26:34 Min. Verfügbar bis 30.12.2099 WDR 3

Werkeinführung: Sergej Prokofjew - Konzert Nr. 2 g-Moll für Violine und Orchester op. 63

Von Otto Hagedorn

Der Dirigent Sergej Prokofjew

Der Dirigent Sergej Prokofjew

In seinem Pariser Exil gilt Sergej Prokofjew in den 1920er Jahren als Revolutionär der Musik. Er scheint die politischen Umstürze in seiner Heimat Russland zu Klängen zu formen. Aber so sehr ihm die bolschewistischen Machthaber zuwider sind, so sehr quält ihn das Heimweh. 1933 vertraut er einem Bekannten an: "Die Luft der Fremde bekommt meiner Inspiration nicht [...]. Ich muss wieder wirkliche Winter sehen und den Frühling, der ausbricht von einem Augenblick zum andern. Ja, mein Freund, ich gehe zurück." Diesen Entschluss fasst Prokofjew, als sich in der Sowjetunion die Lage für Künstler:innen drastisch verschlechtert: Nach einer Phase erstaunlicher Freiheit wird sämtliche schöpferische Produktion mit einem Mal gleichgeschaltet. Doch Prokofjew ist politisch naiv; noch kann und will er sich die gnadenlose Gängelung durch den Sowjetstaat nicht vorstellen. Sein Streben nach einer "neuen Einfachheit" seiner Musik meint er in seiner Heimat besser vorantreiben zu können. Der Zwang zum "sozialistischen Realismus" schreckt ihn nicht ab. Vielmehr scheint er darin eine Art Stützkorsett zu sehen, das ihm bei der Suche zu seinem neuen Stil helfen könnte.

Ein wichtiger Markstein auf diesem Weg ist Prokofjews zweites Violinkonzert. Er komponiert es, kurz bevor er 1935 seinen Wohnsitz tatsächlich von Paris nach Moskau verlegt. Prokofjew erinnert sich an die Entstehung: "Die vielen Orte, an denen ich an dem Konzert arbeitete, sind charakteristisch für das Nomadenleben, das ein konzertierender Künstler führen muss. Das Hauptthema des ersten Satzes entstand in Paris, das des zweiten in Woronesch [also in Russland], die Instrumentation vollendete ich in Baku, die Uraufführung fand im Dezember 1935 in Madrid statt."

Es ist eine Musik des Übergangs. Im ersten Violinkonzert hatte Prokofjew seine Hörer:innen mit bizarren Effekten überrascht, mit schroffen Klangballungen und harschen Dissonanzen. Das Zweite klingt nun deutlich milder; ein nahezu romantisierender Ton weht durch diese Musik. Und im Schlusssatz, einem wirbelnden Tanz, erweisen klappernde Kastagnetten dem Uraufführungsland Spanien die Reverenz.