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Richard Dubugnon - Tombeau de Napoléon op. 81

WDR Sinfonieorchester Video 02.02.2019 21:55 Min. Verfügbar bis 30.12.2099 WDR 3

Werkeinführung: Richard Dubugnon - Tombeau de Napoléon für Posaune und Orchester op. 81

Von Tilla Clüsserath

Den Auftrag für ein neues Orchesterwerk, eingebettet in den Beethoven-Zyklus des Brüsseler La Monnaie Symphony Orchestra, erhielt der Komponist Richard Dubugnon vom Chefdirigenten Alain Altinoglu persönlich. Dubugnons "Tombeau de Napoléon" versteht sich als Statement gegen den Krieg und als Plädoyer für Europa.

Richard Dubugnon

Komponist Richard Dubugnon

Der 1968 in Lausanne geborene Richard Dubugnon studierte Kontrabass und Komposition in Paris und London. Orchester wie das Los Angeles Philharmonic, das BBC Symphony Orchestra und das Gewandhausorchester Leipzig haben bereits Kompositionen von ihm aufgeführt. Auf den Beethoven-Zyklus des La Monnaie Symphony Orchestra in Brüssel bezieht sich Dubugnons Auftragswerk gleich in mehrfacher Hinsicht. Beethoven widmete seine 3. Sinfonie ("Eroica") zunächst Napoleon Bonaparte, machte dieses Vorhaben aber nach dessen Selbstkrönung rückgängig. Zudem liegt Waterloo, der Ort von Napoleons größter Niederlage, in unmittelbarer Nähe der belgischen Hauptstadt. Für Richard Dubugnon ist Napoleon ein negativer Kriegsheld, der seine Ideen nur mit Gewalt durchzusetzen vermochte und dadurch scheiterte.

Die Komposition steht in einer Traditionslinie, die von Couperin über Ravel direkt zu Dubugnon führt: In der französischen Musikgeschichte meint "Tombeau" ("Grab") eine Gedenkmusik auf eine bekannte Persönlichkeit. Insofern ist auch die Wahl des Soloinstruments kein Zufall. Nach der biblischen Überlieferung blasen die Engel am "Tag des Zorns" (dem "Dies irae") mit Posaunen zum "Jüngsten Gericht". Damit steht Dubugnons "Tombeau" auch in einer Reihe mit dem klangmächtigen "Dies irae" in der Totenmesse von Hector Berlioz. Bei Richard Dubugnon gerät die Hommage an Napoleon zum "Manifest gegen die Absurdität von Kriegen". Darüber hinaus möchte der Komponist seine "Verbundenheit mit einem vereinten Europa" demonstrieren, gerade jetzt, "zu einer Zeit, in der unsere Ideale zerfallen".

Gemälde: Napoleon auf dem Sterbebett. Davor steht ein Priester und liest aus der Bibel.

Napoleon Bonaparte auf dem Sterbebett

Die akustisch fesselnde "konzertante Ode", die sich grob in drei Abschnitte (langsam – schnell – langsam) gliedert, reiht Episoden wechselnder Stimmungen aneinander. Die Posaune ist dabei ein omnipräsenter und wichtiger Impulsgeber. Gleich zu Beginn stellt sie sich mit einem energischen Thema vor ("héroïque", vielleicht ein Porträt Napoleons?). Zwei weitere Themen erklingen und werden im fantasiereich gestalteten Orchesterklang plastisch herausgearbeitet. Im turbulenten Mittelteil des "Tombeau" werden Funk- und Bebop-Rhythmen hörbar. Der Einsatz eines Wah-Wah-Dämpfers durch den Solisten streift den Bereich klanglicher Komik. Vor dem Hintergrund einer Gedenkmusik für eine widersprüchliche historische Figur klingen weitere musikalische Grundbausteine an: Gleich zu Beginn zitiert der Komponist die ersten beiden Töne des mittelalterlichen "Dies irae"-Hymnus. Sie erklingen als düstere Glockenschläge und erweisen sich so als weiterer Bezug zu Berlioz, der sie sehr charakteristisch in der berühmten "Dies irae"-Passage seiner "Symphonie fantastique" eingesetzt hat. Am Ende des Stücks greift Dubugnon Beethovens "Ode an die Freude" auf. Die bekannte Melodie aus der 9. Sinfonie schält sich im letzten Drittel seltsam stockend auf der orchestralen Oberfläche heraus. Das Werk endet mit Napoleons verlöschenden Atemzügen – hörbar in den "letzten Seufzern" (Spielanweisung: "comme une dernier soupir") der Solo-Posaune.

"Tombeau de Napoléon" wurde am 25. November 2018 vom La Monnaie Symphony Orchestra in Brüssel uraufgeführt. Die Leitung hatte Chefdirigent Alain Altinoglu.

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