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Béla Bartók - Quintett C-Dur

WDR Sinfonieorchester Video 23.02.2022 42:08 Min. Verfügbar bis 30.12.2099 WDR 3

Werkeinführung: Béla Bartók - Klavierquintett C-Dur

Von Otto Hagedorn

Die große Überraschung auf dem Programm ist wohl das Klavierquintett von Béla Bartók. Was dieser bedeutende Komponist des 20. Jahrhunderts hier nämlich hören lässt, ist 19. Jahrhundert durch und durch: Bartók schwelgt in spätromantisch glühenden Klangfarben, die seine spätere Tonsprache zumindest auf den ersten Blick noch nicht erahnen lassen. Mit der Arbeit an seinem Quintett begann der damals 22-Jährige in Berlin, wo er sich 1903 für längere Zeit aufhielt. Im Sommer des folgenden Jahres schloss er die Komposition auf einem heimatlichen Landgut ab. Sein Studium in Budapest hatte er zu dieser Zeit gerade hinter sich gebracht, und zwar bei dem deutschen Komponisten Hans Koessler, der den Stil von Johannes Brahms als Ideal vermittelte. Ein entscheidender Einfluss kommt hinzu: 1902 dirigierte Richard Strauss seine Tondichtung "Also sprach Zarathustra" erstmals in Budapest, wovon Bartók überwältigt war.

Bei genauerem Hinhören jedoch ist neben den Vorbildern Brahms und Strauss der spätere Bartók schon zu erahnen: Unverkennbar ist ein ungarisches Idiom, wenn auch noch nicht im Detail ausgearbeitet; die Affinität zur Musik der Heimat ist aber überaus deutlich. Auch der Ausdruckswille ist ganz Bartók – zwar in tonalem Klanggewand, aber bereits mit der für ihn so typischen Intensität.

Die Uraufführung des Klavierquintetts fand im November 1904 in Wien statt, mit Bartók selbst am Klavier. In Ungarn erklang es erstmals im Jahr 1910. Gut zehn Jahre später stand es erneut auf dem Programm – und wurde mit stürmischem Applaus bedacht. Darüber berichtet der Herausgeber der Noten: "Als ihm nach dem Konzert einige Zuhörer unbedachterweise mit der Bemerkung gratulierten, dass diese Musik ihnen besser gefällt als das, was er später geschrieben hat, geriet Bartók in wilde Wut und warf die Partitur in eine Ecke". Freunde glaubten, er habe sie zerrissen oder verbrannt. Erst 1963 tauchten die Noten wieder auf und wurden 1970 im Druck veröffentlicht.