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Arnold Schönberg - Verklärte Nacht op. 4

WDR Sinfonieorchester Video 10.03.2019 32:50 Min. Verfügbar bis 30.12.2099 WDR 3

Werkeinführung: Arnold Schönberg - Verklärte Nacht op. 4

Von Tilla Clüsserath

Das Streichsextett op. 4 "Verklärte Nacht" von Arnold Schönberg lehnt sich an das gleichnamige Gedicht Richard Dehmels an. Schönbergs Musik übernimmt vielleicht nicht die direkten Inhalte des nächtlichen Spaziergangs zweier Liebenden. Die dramatisch-erregte Stimmung ihres Gespräches und die in der Luft liegende Nervenanspannung spiegelt sich aber in den hochexpressiven, sinnlich aufgeladenen Klängen des Werkes wider. Das Sextett bildet die fünfteilige Strophenform formal ab und greift den wiederkehrenden Begriff des "Gehens" auf. Schönberg entwickelt daraus das Hauptthema des Werkes: eine abwärts gerichtete, schreitende Melodie, die zunächst lastend und schmerzlich erscheint, am Schluss aber aus dem Dunkel in erlösende Helle führt.

Schönberg, der das Werk 1899 innerhalb von drei Wochen komponierte, gestand Richard Dehmel: "Durch sie war ich zum erstenmal genötigt, einen neuen Ton in der Lyrik zu suchen. Das heisst, ich fand ihn ungesucht, indem ich musikalisch widerspiegelte, was Ihre Verse in mir aufwühlten." Dennoch befand er es später für wichtig, zu betonen, dass seine Musik vom Gedicht ästhetisch unabhängig sei: "Sie bietet die Möglichkeit, als absolute Musik gewürdigt zu werden."

Richard Dehmel - "Verklärte Nacht"

Zwei Menschen gehn durch kahlen, kalten Hain;
der Mond läuft mit, sie schauen hinein.
Der Mond läuft über hohe Eichen,
kein Wölkchen trübt das Himmelslicht,
in das die schwarzen Zacken reichen.
Die Stimme eines Weibes spricht:

Ich trag ein Kind, und nit von dir
ich geh in Sünde neben dir.
Ich hab mich schwer an mir vergangen.
Ich glaubte nicht mehr an ein Glück
und hatte doch ein schwer Verlangen
nach Lebensinhalt, nach Mutterglück
und Pflicht; da hab ich mich erfrecht,
da ließ ich schaudernd mein Geschlecht
von einem fremden Mann umfangen
und hab mich noch dafür gesegnet.
Nun hat das Leben sich gerächt:
Nun bin ich dir, o dir begegnet.

Sie geht mit ungelenkem Schritt.
Sie schaut empor; der Mond läuft mit.
Ihr dunkler Blick ertrinkt in Licht.
Die Stimme eines Mannes spricht:

Das Kind, das du empfangen hast,
sei deiner Seele keine Last,
o sieh, wie klar das Weltall schimmert!
Es ist ein Glanz um Alles her,
du treibst mit mir auf kaltem Meer,
doch eine eigne Wärme flimmert
von dir in mich, von mir in dich.
Die wird das fremde Kind verklären
du wirst es mir, von mir gebären;
du hast den Glanz in mich gebracht,
du hast mich selbst zum Kind gemacht.

Er fasst sie um die starken Hüften.
Ihr Atem küsst sich in den Lüften.
Zwei Menschen gehn durch hohe, helle Nacht.

(aus: Weib und Welt)

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