Wutrede von Basketball-Legende Kerr nach Amoklauf: "Ich habe die Schnauze voll!"

Stand: 25.05.2022, 20:29 Uhr

US-Basketball-Legende Steve Kerr ist nach einem Amoklauf an einer Grundschule in Texas der Kragen geplatzt. In einer emotionalen Rede, die sich rasant über die sozialen Medien verbreitete, fordert er eine schärfere Waffenkontrolle - und macht den Republikanern bittere Vorwürfe.

US-Basketballtrainer Steve Kerr ringt sichtbar um Fassung. Und dann wird er laut: "Wann werden wir etwas tun?" schreit der achtmalige NBA-Champion bei einer Pressekonferenz aufgebracht.

Nein, es geht nicht um Basketball. Sport wird zur Nebensache angesichts des Massakers in der südtexanischen Kleinstadt Uvalde, bei dem ein 18-Jähriger mindestens 19 Grundschüler sowie zwei Lehrer erschoss. Kerr fordert mit Nachdruck eine strengere Waffenkontrolle in den USA - und das übrigens nicht das erste Mal.

"Ich habe die Schnauze voll!" empört sich der 56-Jährige. Immer wieder stockt seine Stimme, er ringt mit den Tränen. Er sei es einfach leid, aufzustehen und den "zerstörten Familien da draußen mein Beileid auszusprechen". Es müsse endlich etwas geschehen, verlangt die US-Basketball-Legende und schlägt, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, mehrfach mit der Hand auf den Tisch.

Kerr wirft Republikanern "Machtgier" vor

Und dann teilt Kerr - verbal - kräftig aus. An die Adresse der Republikaner im US-Senat sagt er, es gebe derzeit 50 Senatoren, die sich einer Abstimmung über eine Regelung zu Überprüfungen beim Waffenkauf, die das Repräsentantenhaus längst verabschiedet hat, verweigere. Es gebe einen Grund, warum sie nicht abstimmen: "Um an der Macht zu bleiben", glaubt Kerr. "Wollen Sie Ihre Machtgier über das Leben unserer Kinder, unserer Älteren und unserer Kirchenbesucher stellen?" Danach sehe es aus. Womit Kerr auch auf Massaker in den USA in den vergangenen Wochen anspielte.

Kerrs Wutrede verbreitete sich über die sozialen Medien rasant und ging um die Welt. Schließlich kommt es nicht alle Tage vor, dass eine Sportlerlegende wie er die Republikaner im US-Senat derart attackiert.

Für Republikaner ist Waffenbesitz unantastbares Grundrecht

Der Grund für Kerrs emotionales Statement: Viele Republikaner blockieren im US-Senat in Washington schärfere Waffengesetze. Das Recht auf Waffenbesitz gilt für viele Konservative als unantastbares Grundrecht, als Inbegriff der Freiheit. Der private Waffenbesitz hat in den USA Tradition. Im Zweiten Verfassungszusatz von 1791 heißt es: "Da eine gut ausgebildete Milz für die Sicherheit eines freien Staates erforderlich ist, darf das Recht des Volkes, Waffen zu besitzen und zu tragen, nicht beeinträchtigt werden."

An dieser Haltung haben die Republikaner bislang unerschüttert festgehalten - trotz aller Amokläufe und Schießereien in Schulen, in Supermärkten, in Kirchen und in Synagogen. Allein 2021 gab es nach Angaben der US-Bundespolizei FBI 61 Amokläufe mit Schusswaffen in den USA, etwa einer alle sechs Tage. Pistolen und Gewehre kaufen? In den Vereinigten Staaten ist das ein Leichtes. Für jeden und jede. Und viele tun es. Weil sie sich mit einer Waffe im Haus sicherer fühlen.

"Waffenverbot in den USA derzeit nicht durchsetzbar"

Und nun ein Waffenverbot? Ralph Freund, Vertreter der "Republicans Overseas Germany" - einem deutschen Ableger der Republikaner - , hält dies in den USA derzeit nicht für durchsetzbar. Dem WDR sagte Freund, zwar sei in den Vereinigten Staaten der Schock über die neuerliche Bluttat groß. Aber es gebe bei dem Thema Ambivalenzen. Denn manche sagten, dass andere den Täter hätten niederstrecken können, falls sie eine Waffe griffbereit gehabt hätten. Freund glaubt auch nicht daran, dass ein Waffenverbot "von oben", also seitens der Politik, durchsetzbar sei. Wenn, dann müsse der Wunsch nach einem Verbot "von unten", also von den Bürgern, kommen. Das zeichne sich aber derzeit nicht ab.

Reaktion Biden - er kennt den Schmerz bei Verlust eines Kindes

Dass es mit den bestehenden Regeln für Waffenbesitz so nicht weitergehen kann, findet jedenfalls US-Präsident Joe Biden. Nur: Für weitreichende Gesetzesänderungen in Sachen Waffenrecht fehlen Bidens Demokraten die nötigen Stimmen im US-Senat. Sie müssen zwingend die Republikaner mit ins Boot holen, um etwas zu ändern.

Das Leid der Eltern, die um ihre toten Söhne und Töchter trauern, kennt Biden indes aus eigener Erfahrung. "Ein Kind zu verlieren, ist, als wenn einem ein Stück der eigenen Seele entrissen wird", so der US-Präsident. Er hatte als junger Mann seine erste Ehefrau und seine kleine Tochter bei einem Autounfall verloren. Später starb einer seiner erwachsenen Söhne an Krebs. Es fühle sich an, als ob man ersticke, so Biden.

Auch die frühere US-Außenministerin Hillary Clinton meldet sich zu Wort. Per Twitter kritisiert sie die politische Pattsituation beim Vorgehen gegen Waffengewalt. "Gedanken und Gebete sind nicht genug. Nach Jahren von nichts anderem werden wir nun zu einer Nation der gepeinigten Schreie. Wir brauchen einfach Parlamentarier, die bereit sind, die Plage der Waffengewalt in Amerika zu stoppen, die unsere Kinder umbringt."