Schiedsrichterin Stéphanie Frappart auf dem Spielfeld. Sie ist die erste Frau, die bei einer Fußball-WM der Männer ein Spiel pfeift.

"Meilensteine": Erstmals pfeift eine Schiedsrichterin bei einer Männer-WM

Stand: 01.12.2022, 15:37 Uhr

Zum ersten Mal in der Geschichte der Fußball-WM der Männer pfeift heute eine Frau ein Spiel. Das freut auch die deutsche Schiedsrichterin Fabienne Michel. Ein Interview.

Beim WM-Spiel Deutschland gegen Costa Rica am Donnerstagabend (20 Uhr) pfeift zum ersten Mal bei einer Fußball-Weltmeisterschaft der Männer eine Frau das Spiel. Auf dem Platz steht die französische Schiedsrichterin Stéphanie Frappart. Hoffentlich sei das "irgendwann einfach Normalität", sagt ihre deutsche Kollegin Fabienne Michel im Interview mit dem WDR. Sie ist Schiedsrichterin der Bundesliga der Frauen und pfeift auch Männer-Spiele in der Regionalliga.

WDR: Schiedsrichterin bei einer Männer-WM - wäre das auch was für Sie?

Fabienne Michel: Auf jeden Fall. Ich glaube, da würde weder ein Schiedsrichter noch eine Schiedsrichterin Nein sagen.

WDR: Wie entspannt ist denn Ihr Job in der Herren-Regionalliga?

Fabienne Michel (2022)

Fabienne Michel, Schiedsrichterin

Michel: Es ist als Schiedsrichter immer eine Herausforderung, ein Spiel zu leiten und zu schauen, dass es in geordneten Bahnen abläuft, egal in welcher Liga. Aber es macht eben auch jede Menge Spaß.

WDR: Was sind denn die größten Unterschiede im Vergleich zu Spielen bei den Frauen?

Michel: Ich glaube, wir machen da gar nicht so einen großen Unterschied daraus. Und zur Spielvorbereitung: Die ist komplett identisch. Egal, ob wir jetzt ein Männerspiel oder ein Frauenspiel pfeifen, und auch immer unabhängig davon, ob es jetzt in der höchsten Liga ist, in der man unterwegs ist, oder darunter. Am Ende des Tages spielen beide Fußball. Und da werden die gleichen Regeln angewandt.

WDR: Trotzdem gibt es unterschiedliche Reaktionen darauf, dass zunehmend auch Frauen Männerspiele pfeifen.

Michel: Ja, durchaus. Manche sagen: Es wird höchste Zeit. Andere sehen das vielleicht auch noch so ein bisschen mit Skepsis. Am Ende des Tages muss man sich einfach darüber freuen - auch bei all der negativen Berichterstattung über die WM. Es ist sehr schön, dass es jetzt auch eine positive Nachricht zu vermelden gibt.

WDR: Gibt es eine besonders krasse Geschichte, die Ihnen im Männerfußball als Schiedsrichterin schon passiert ist?

Schiedsrichterin Michel pfeift Spiel

Schiedsrichterin Fabienne Michel im Einsatz.

Michel: Mir persönlich nicht. Ich habe immer so ein bisschen das Gefühl, dass es den Spielerinnen oder auch den ganzen Akteuren um das Feld herum ziemlich egal ist. Sie nehmen vielleicht kurz wahr: Oh, heute pfeift eine Frau. Aber dann geht es, denke ich, ganz normal für sie weiter. Dass ich auf mein Geschlecht reduziert wurde oder Sonstiges, ist mir jetzt zum Glück noch nicht groß passiert.

WDR: Wie verfolgen Sie das, denn wenn andere Frauen in wichtigen Spielen pfeifen - so wie heute bei dem WM-Spiel?

Michel: Ich finde das immer super schön und finde, das sind immer die nächsten Meilensteine. Mein erster Gedanke ist dann: Oh schön, hoffentlich schaffen es dann einfach in naher Zukunft noch mehr. Jetzt hat es endlich mal die erste Frau geschafft, und hoffentlich reden wir da in Zukunft gar nicht mehr so großartig drüber, sondern hoffentlich ist es irgendwann einfach Normalität, dass da genauso eben auch Frauen pfeifen.

WDR: Bei dieser WM werden drei Frauen eingesetzt. Halten Sie das für einen Zeichen?

Michel: Ja, es sind sogar mehr. Es sind drei Schiedsrichterinnen und drei Assistentinnen. Ich halte das auf jeden Fall für ein Zeichen.

Das Interview führte Rebecca Link für das "Morgenecho" bei WDR5. Die verschriftliche Fassung wurde leicht angepasst und gekürzt.

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